Von Granatäpfeln und Oliven, Mut und Milagritos

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tofusteak Avatar

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„Der Vertraute“ ist ein typisches Buch von Leigh Bardugo. Das bedeutet, es ist anders als alles, was sie zuvor geschrieben hat!

Sie entführt und in diesem historischen Fantasy-Roman ins Madrid zur Zeit der spanischen Inquisition und stellt uns eine Heldin an die Seite, die Ambitionen hat. Anders als Alex („Das Neunte Haus“) und Alina (Grishaverse) will Luzia sich eben nicht verstecken, sondern mit ihren sogenannten kleinen Wundern etwas bewirken. Sie hat Ambitionen, die auf kunstvolle Weise in die Geschichte eingewoben sind und diese bereichern. Allein, wie der Anfang geschrieben ist, was das angeht – sagenhaft!

Das Worldbuilding ist im Vergleich zu Leighs bisherigen Werken simpler, was besonders jene freuen wird, die mit „Das Neunte Haus“ Probleme hatten.
Der Schreibstil ist wie gewohnt meisterhaft (ich hatte beim Lesen mein typisches Bardugo-Kribbeln) und enthält geniale Metaphern (denkt bei der Puddingschüssel an mich!).

Was dieses Buch besonders macht, ist seine Vielschichtigkeit. Die lebendige Darstellung von Madrid zur Zeit der spanischen Inquisition ist sowohl atmosphärisch dicht als auch historisch faszinierend. Leigh webt geschickt verschiedene Themen in die Geschichte ein, darunter Reichtum, Intrigen und die Unterdrückung von Minderheiten wie Juden (hier baut sie ihre eigene Familiengeschichte ein!) und Moslems sowie Menschen mit magischen Fähigkeiten. Dieser Hintergrund verleiht der Handlung eine unterschwellige Spannung, die ständig präsent ist und Lesende in Atem hält.

Die Charaktere sind ein weiteres Highlight. Leigh präsentiert nicht nur Luzia und Santángel als facettenreiche und tiefgründige Hauptfiguren, sondern auch eine Vielzahl von Nebencharakteren, die ebenso faszinierend sind. Besonders bemerkenswert ist die Charakterentwicklung einer bestimmten Nebenfigur, die überraschende Wendungen und neue Einsichten bietet, die ich nicht erwartet habe. Der Schlagabtausch zwischen Luzia und Santángel ist außerdem sagenhaft.

Wie immer gibt es einige blutige und brutale Szenen, bleibt aber weit entfernt vom Splatter. Die Gewalt dient dazu, die düstere und gefährliche Welt zu unterstreichen, in der Luzia und ihre Mitstreitenden leben, und trägt zur Spannung der Handlung bei. Trotz des vorwiegend langsamen Tempos gibt es auch Momente großer Action und Dramatik, insbesondere gegen Ende, die Lesende in ihren Bann ziehen und uns förmlich dazu zwingen, die Seiten zu verschlingen. Es gibt außerdem ein wenig Spice, was wir von der Autorin bisher noch nicht kannten, sie jedoch toll umgesetzt hat. Es passt zur Story und ist auch nicht zu viel.

Fazit: Insgesamt ist „Der Vertraute“ ein Buch voller Stärke und Vielschichtigkeit, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Leigh Bardugos meisterhafte Erzählkunst und ihre Fähigkeit, komplexe Themen in eine spannende Geschichte zu integrieren, machen dieses Werk zu einem unvergesslichen Leseerlebnis, das lange nachhallt.