D. wie Diener

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calendula48 Avatar

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Das klarfarbiges Cover gefällt mir sehr gut und ich halte das Buch gespannt in meinen Händen .
Bov Bjerg ist laut Cover-Aufdruck „ Spiegel-Besteller-Autor“. Mir ist sein Buch „Auerhaus“
in guter Erinnerung und ich lasse mich gern auf das neue Werk ein.
Vordenker, Vorleser, Vorkoster sind hinreichend bekannt, aber was, bitte, muss ich mir unter einem Vorweiner vorstellen? Nach der Lektüre dieses Romans weiß ich es: Menschen am Ende des 21. Jahrhunderts leben in einem sogenannten Resteuropa in einer komfortablen Welt, erhaben über den niederschichtigen Rest. Weil sie sich gegenseitig und vor allem ihren Familienangehörigen nicht mehr zutrauen, nach ihrem Tod einander anständig zu beweinen, leisten sie sich Vorweiner, die aus den verwüsteten Teilen Europas und Afrikas auf eine Anstellung als solch ein Vorweiner hoffen.
Außer Jan, dem Vorweiner aus den Niederlanden, lerne ich A. wie Anne, B. wie Berta, Pizzapete und noch weitere Resteuropäer kennen. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Gottesauge, Bild im Bild und das jeweilige Schreien in den Nachrichten, das den Hörern nicht vorenthalten werden soll.
Ja, und A. wie Anna zählt um ihr Leben, ob es hilft?
Als mir auf Seite 136 dann noch Mutter Kempowskis „ Es wäre doch zu und zu schön“ ( aus Tadellöser und Wolff )begegnet, bin ich geneigt, das Buch wegzulegen und B. wie Berta ihrem literarischen Schicksal bzw. ihrem Pizzapete zu überlassen. Aber ich halte tapfer durch und bringe das Werk zuende.
Ob Bov Bjerg beziehungsweise Rudolf Schmidt, wie im Klappentext zu lesen, wirklich zu den wichtigsten deutschsprachigen Gegenwartsschriftstellern gehört mag dahingestellt sein.
Bei aller Begeisterung für Gegenwartsliteratur, gefällt mir weder der Schreibstil noch der phantasierte Inhalt.
Aber immerhin weiß ich jetzt, dass es vielleicht ein Wiedersehen in Neucuxhaven gibt, mit oder ohne Vorweiner. Vermutlich werde ich aber die Niederschicht-Variante wählen und mich traditionell von meinen „Blagen“ ( Bezeichnung der Kinder, der einfachen Leute in Bjergs Roman) beweinen lassen; und das halte ich für keine schlechte Sache.