Stilistisch verkürzte Dystopie.

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kavilave Avatar

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In der Vorweiner schildert Bov Bjerg die Geschichten seiner Hauptpersonen in einer dystopischen Zukunft in „Resteuropa“. Die Menschheit hat sich selber in Form der Klimakatastrophe an den Rand der Vernichtung manövriert, dabei klafft auch die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Die Superreichen haben alles outgesourct, sie bezahlen, um arbeiten zu dürfen und einen Rest Erfüllung in ihrem Leben zu erreichen. Die „Niederschicht“ kämpft um ihre Existenz. Noch unter dieser stehen die Flüchtlinge; aus Afrika, Skandinavien, den Niederlanden, Teilen von Osteuropa, alle Länder die der Erhaltung Resteuropas geopfert wurden und/oder ins Chaos verfallen sind. Innerhalb dieser Flüchtlinge sucht sich A. wie Anna einen Vorweiner, denn auch das Trauern wurde outgesourct und nur um wen ordentlich geweint wird, an den wird sich auch erinnert, also versucht A. „ihren“ Vorweiner an sich zu binden, damit er glaubhaft trauern kann, wenn es soweit ist. B. hingegen ist noch weit vom Tod entfernt, verdient ihr Geld als dystopische Journalistin und verfasst reißerische Kurznachrichten. Obwohl die beiden Mutter und Tochter sind, laufen ihre Leben vollkommen aneinander vorbei. Der Leser wird ohne weitere Erklärungen von Anfang an in diese beiden Leben mitgenommen, wobei sich im kurz gehaltenen Schreibstil stets die volle Gefühlslage und das Innenleben der Protagonistinnen darstellt. Im Verlaufe der Geschichte bekommt man mehr und mehr einen Einblick in die Realität und die Vergangenheit der Welt, in welcher die Hauptpersonen leben und langsam fügt sich alles zusammen. Das gesamte Buch ist in einem prägnanten, verknappten Schreibstil gehalten, zeitweise skriptartig anmutend, dieser ist zunächst ungewohnt, trägt und unterstreicht jedoch auf seine Art die Absurdität der Geschichte. Insgesamt eine interessante Story mit unerwarteten Wendungen, ein mahnender Zeigefinger zum Stand der heutigen Gesellschaft, welche in vollkommener Überspitztheit beleuchtet wird. Ein Buch, auf das man sich einlassen muss, welches einen dann jedoch schnell in seinen Bann ziehen kann.