Handelt der Mensch in Krisenzeiten egoistisch oder altruistisch?

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helena Avatar

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Ein wundervoller Roman, was ich so, rein nach dem Klappentext gar nicht vermutet hätte. Er liest sich leicht und beschwingt. Dabei tiefgründig, klug und berührend, manchmal vielleicht auch etwas sentimental. Fesselnd und spannend ist er bis zur letzten Seite, mit manch überraschender Wendung. Es gibt viel Stoff zum Nachdenken, ist dabei aber nie schwer und dunkel, sondern eher hell und heiter, da auch der Humor nicht zu kurz kommt.

Zur Geschichte an sich: Joe Haak hat fluchtartig seinen Arbeitsplatz verlassen. Er arbeitete in einer Londoner Investmentbank als Analyst. Dort hat er ein Programm entworfen, welches Wirtschaftsprognosen für die Zukunft entwickelt. Doch es dauerte nicht lang und das Programm scheint zu irren, mit der Folge, dass die Bank Millionen Verluste macht und somit bankrott ginge. Joe ist so erschrocken und verzweifelt, er fährt einfach los und findet sich im kleinen Ort St Piran wieder. Dort an der Meeresküste schwimmt er heraus ... und wird erst von einem Wal und dann von den Dorfbewohnern gerettet.

Man lernt nun St. Piran mit all seinen sympathischen Dorfbewohnern kennen. Joe selbst ist ein sympathischer und interessanter Protagonist. Er ist klug, mutig, tatkräftig und glaubt an das Gute, aber hat natürlich auch seine Eigenheiten und blinden Flecken. Er verguckt sich ein wenig in Polly, die junge Pfarrersfrau, wohnt bei dem pensionierten Arzt Dr. Books, lernt Martha die Dorflehrerin kennen, die "die Zusammenhänge im Dorf erkennt". Das sind nur einige der besonderen und doch auch alltäglichen Figuren. Sie sind psychologisch geschickt gezeichnet und überzeugen in ihren Handlungen. Können sie eine gemeinsame Krise überstehen?
Liebe, Freundschaft und Familie sind Themen, die der Roman berührt und die den Leser auch sehr berühren können.

Gleichzeitig erfährt man in Rückblenden, was in der Bank geschah. Hier kommt es zu einigen Gesprächen zwischen Joe und dem Bankdirektor Lew Kaufmann, in denen es um ökonomische und philosophische Ideen geht. Darauf muss man sich sicherlich einlassen, weil sie den Lesefluss ein wenig verlangsamen. Dennoch sind die Passagen sehr verständlich geschrieben und leicht lesbar. Zudem sind sie der Kern des Romans, der Dreh- und Angelpunkt des Ganzen.
Vorrangig geht es um die Fragen: Wie geht es mit der Welt aus ökonomischer Sicht weiter? Gibt es grenzenloses Wachstum? Wie krisenanfällig ist der globale Wirtschaftskreislauf? Welche Bedrohungen könnten auftreten und mit welchen Folgen? Ist der Mensch eher von egoistischem Eigeninteresse gelenkt oder ist er doch zu Kooperation und Hilfe bereit, auch wenn dies ihm zum Nachteil gereichen könnte?
Und noch einiges mehr wird angesprochen- der Roman ist angenehm vielschichtig und komplex.

Ich war wirklich traurig, als ich das Buch zuklappen und St. Piran verlassen musste, da mir das Lesen große Freude bereitet hat. Diesen Roman kann ich jedem empfehlen. Auch besonders gern Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Hier kann man einiges für sich mitnehmen und verbleibt dabei hoffnungsvoll und optmistisch!