Was für ein Mensch wirst du sein?

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kikiwee17 Avatar

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"Der Wal und das Ende der Welt" von John Ironmonger ist als Hardcover im Fischer Verlag erschienen und umfasst 464 Seiten.

Das Cover finde ich sehr unaufgeregt und es würde mir in der Buchhandlung wahrscheinlich nicht direkt ins Auge fallen. Allerdings muss ich nach dem Lesen sagen, dass es hervorragend zur Geschichte passt. Neugierig gemacht haben mich die ersten Zeilen des Klappentextes "Erst wird ein junger Mann angespült und dann strandet der Wal. Wer die Geschichte kennt, weiß, dass alles mit allem zusammenhängt." Das hat mich gleich an die biblische Erzählung von Jona und dem Wal denken lassen und ich wollte herausfinden, ob das Buch etwas damit zu hat.

Das Dorf St. Piran feiert am 25. Dezember jeden Jahres das Fest des Wals. Und diese Feier steht in direktem Zusammenhang mit Joe Haak, der an einem Tag im Herbst früh morgens nackt am Strand des 300 Seelen Dorfes gefunden wurde. Joe war Programmierer und Analytiker für eine erfolgreiche Investmentbank in London. Nachdem das von ihm geschriebene Programm eines Tages versagt hatte, hat er London als über Kopf verlassen und ist in diesem fast vergessenen Ort an der Küste von Cormwall gestrandet. Doch Joes Programm konnte mehr als nur Aktienkurse vorhersagen und bald stehen der Dorfgesellschaft und der gesamten Menschheit Dinge bevor, die mehr als nur den Verlust von Geld bedeuten....

John Ironmonger hat einen angenehmen, unaufgeregten, aber aussagekräftigen, lebendigen, witzigen und anschaulichen Schreibstil, der mich gleich gefangen genommen hat. Die Geschichte von Joe Haak und dem Wal wird in Rückblicken erzählt. Nach und nach erfährt man mehr aus Joes beruflichen und privaten Leben. Mit viel Liebe zum Detail sind auch die Dorfbewohner charakterisiert, in denen der Autor nahezu das gesamte Spektrum unserer Gesellschaft widerspiegelt.

Was als ungewöhnliche, aber dennoch ruhige Erzählung über Land und Leute beginnt, entwickelt sich im Laufe der Geschichte zu einer tiefgründigen Fragestellung bezüglich der Einstellung des Einzelnen, aber auch der gesamten Gesellschaft im Angesicht einer globalen Katastrophe.
"Wie werden sie sich verhalten? [...] Wie werden wir alle uns verhalten?" S.371

Als ich begonnen habe, dieses Buch zu lesen, war ich mir unsicher, ob es mir überhaupt gefallen würde und es hat sich für mich zu einem echten Highlight entwickelt. Nicht nur, weil es ein tolles Setting mit einzigartigen, (überwiegend) liebenswerten Charakteren hat. Diese Geschichte zeigt, dass eine globale Katastrophe nicht wirklich unrealistisch ist und ist dabei so philosophisch und tiefgründig, dass ich wieder und wieder zum Nachdenken über meine eigenen Entscheidungen in einem solchen Szenario angeregt wurde.

Das Ende hat mich einfach glücklich gemacht. Dem ein oder anderen mag es zu viel des Guten sein. Für mich war es einfach passend, denn es lässt uns an das Gute im Menschen glauben, schenkt Hoffnung und zeigt was man durch Zusammenhalt und Gemeinschaft alles bewirken kann.

Auch die Nachbemerkungen des Autors sollte man sich nicht entgehen lassen, hier erzählt er unter anderem wie realistisch ein solches Szenario ist und auch was Jona und der Wal mit seinem Buch zu tun haben.

Eine wundervolle Geschichte, die noch lange in mir nachklingen wird.