Hochspannender, intelligenter Plot

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Als der US-amerikanische Milliardär Robert Lemoine der jungen Guerilla-Gärtnerin Mira Bunting in interessantes Angebot macht, betreten zwei gleichwertige Ausnahmetalente den Ring. Wenn eine Person Lemoine durchschauen und ihm gefährlich werden kann, wird das Mira sein, erkennt er in dem Moment. Die knapp 30-Jährige, Mitglied des Nonprofit-Kollektivs Birnam Wood, interessiert sich für 150ha Farmgelände, das an einen Nationalpark grenzt und durch einen Erdrutsch aktuell nur schwer zu erreichen ist. Birnam Wood zählt sich zu den Guten - nonprofit, nachhaltig, klimaneutral, basisdemokratisch und antikapitalistisch.

Lemoine befindet sich bereits in Verkaufsverhandlungen mit dem Besitzer-Ehepaar, legt jedoch weder den Darvishs noch Mira gegenüber seine Karten auf den Tisch. Er will mit der Farm am Korowai-Pass offenbar für ein hochgeheimes Projekt eine harmlos wirkende Fassade etablieren. Jill Darvish ist Einheimische und Erbin der elterlichen Farm, ihr Mann Owen hat sich bereits in jungen Jahren in der abgelegenen Region einen Ruf als selbstständiger Schädlingsbekämpfer erarbeitet. Wer Weidetiere vor Unfällen durch Kaninchenbauten bewahrt, ist bei Landwirten wie Naturschützern angesehen. Lemoine dagegen verkörpert alles, was Miras Generation für hassenswert erklärt: Seine Generation hat den Planeten ausgebeutet, hält Neuseeland offenbar für einen Reservekontinent nur für Milliardäre und glaubt, alles mit Geld kaufen zu können. Mira und ihre Freundin Shelley sind aktuell verstrickt in einen Konflikt, ob sie wegen Birnam Wood miteinander befreundet sind – oder trotz des Projekts. Dritter in der Generation-Y-Clique ist Tony, der gerade mehrere Jahre in Lateinamerika verbracht hat und desillusioniert feststellen muss, dass er damit seine undankbare Rolle als akademisch gebildeter weißer Mann nicht abschütteln konnte.

In dieser Ausgangssituation fragt man sich beim Lesen: Was hat Lemoine auf der abgelegenen Farm vor, bildet er sich ein, im gesetzesfreien Raum handeln zu können – und werden die Darvishs und das Gärtner-Kollektiv seiner Raffinesse gewachsen sein? Generation Boomer und Generation Y müssen beide zeigen, dass sie mehr können als Schafe züchten und Gemüse anbauen. Nachdem die Figuren eingeführt sind, nimmt die Handlung flott Fahrt auf, um in einem dramatischen Showdown zu enden. Am Ende erklärt sich sogar, warum für Lemoine die Bäume am Korowai-Pass einen goldenen Schatten zu werfen scheinen wie auf dem Buchcover …

In ihrem intelligenten, hochaktuellen und extrem dicht erzählten Roman verbindet Eleanor Catton Generations-, Umwelt- und Wirtschaftskonflikt mit Survival-Einlagen und der Frage, welche Zukunft der Generation Y bevorsteht. Neben der abgelegenen Farm als Schauplatz haben mich besonders die Abstufungen in der Karriereplanung der Guerillagärtner unterhalten: von Onlineauftritt für Bewerbungen Hamstern (Tony) bis zu Befriedigung im Flow finden (Shelley) wird alles geboten.