Interessant, komplex und sehr aktuell...

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mammamia Avatar

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Das neueste Werk „Der Wald“ von Eleanor Catton ist ein Kaleidoskop aus Ökothriller, Gesellschaftsstudie, Wirtschaftskrimi, und Sozialkritik, besonders was die Überwachung und die Benutzung sozialer Medien betrifft.

Dabei beginnt er fast harmlos. Eine Gruppe junger Menschen „Birnam Woods“ möchte auf die Klimakrise aufmerksam machen und bepflanzt Grund, den sie nicht hat. Bis Mira, die inoffizielle Leiterin der Gruppe, auf den Milliardär Robert Lemoine trifft, der ihr nicht nur Grund, sondern auch Geld anbietet. Ein verlockendes Angebot, das die Gruppe nur schwer ausschlagen kann und auch nicht unbedingt will, da es die Möglichkeit wäre, erstens Profit zu machen und zweitens mehr gesehen zu werden. Doch so einfach, wie man denkt ist es für „Birnam Woods“ dann doch nicht, da Lemoine nicht so harmlos zu sein scheint, wie man annehmen möchte. Und dann mischt da auch noch Miras Exfreund ordentlich mit, der etwas Ungeheures herausfindet.

Es handelt sich um einen sehr vielschichtigen Roman, der, wie bereits in meiner Einleitung erwähnt, sehr viele Themen mitnimmt, die an Aktualität kaum zu überbieten sind. Der Spannungsbogen selbst baut sich aber äußerst langsam auf, sodass man gerade im ersten Drittel etwas Durchhaltevermögen braucht. Und trotzdem kann man Catton nicht absprechen, dass sie auch bei gefühlten Längen des Romans die Leserschaft in ihren Bann ziehen kann. Es gibt philosophische Diskussionen und moralische Dilemma, bei denen man den Figuren über die Schultern schaut und die mitunter sehr spannend sind. So richtig gepackt hat mich der Roman aber erst nach dem ersten Drittel und dann wurde er zu einem richtigen Pageturner mit einer ziemlich großen Brise Komplexität.

Über die Figuren gibt es vieles zu sagen und doch haben sie alle etwas gemeinsam, sie sind nicht unbedingt sympathisch, eher egoistisch und narzisstisch, manches Mal ziemlich heuchlerisch und in vielerlei Hinsicht auch moralisch höchst fragwürdig. Besonders in Lemoine gipfelt Letzteres in ungeahnte Höhen. Aber vielleicht kann auch das ein Grund sein, dass man sie extrem interessant findet – jede/n von ihnen auf seine eigene Art und Weise. Catton lässt die Lesenden in einem hohen Ausmaß am Leben ihrer Figuren teilnehmen und blickt dazu auch in ihre Vergangenheit, manchmal vielleicht auch ein bisschen zu ausführlich.

Zum Schluss hin, wird der Roman zu einer Tragödie im Shakespeare’schen Ausmaß, was einerseits überrascht und dann wieder auch nicht unbedingt.

Ein interessantes, komplexes und aktuelles Werk, welches sich vom Mainstream abhebt und daher hoffentlich viele Leserinnen und Leser findet