Ein Buch, das gelesen und verstanden werden muss

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
schmiesen Avatar

Von

"Es ist Zeit, dass wir alle heimkommen."

Viele Jahre lang litt Johann Hari an Depressionen. Wenn die Krankheit schlimmer wurde, erhöhte sein Arzt einfach seine Dosis Antidepressiva. Doch Hari begann, sich Fragen zu stellen. Warum ist er trotz der Medikamente noch immer depressiv? Warum geht es vielen Menschen genauso wie ihm? Und ist die Sache mit dem Serotoninmangel im Gehirn vielleicht eine einzige große Lüge?

Diese Fragen bewegten Hari zu jahrelangen Recherchen zum Thema Depression. Die Erkenntnisse, die er in diesem Buch präsentiert, sind so einleuchtend wie erstaunlich. Eigentlich ahnen wir ja alle, dass Depressionen durch schlimme Lebensereignisse, Einsamkeit, Perspektivlosigkeit usw. ausgelöst werden. Doch so richtig ernst nimmt das niemand. Hari zeigt anschaulich, wie die Pharmaunternehmen das Märchen vom fehlgeschalteten Gehirn aufrechterhalten, um weiterhin Milliarden mit Antidepressiva zu scheffeln.

Sehr strukturiert legt Hari dar, welche sieben Ursachen er für Depressionen ausfindig machen konnte. DIese hat er sich nicht aus der Nase gezogen - sie wurden von führenden Experten und Wissenschaftlern in Studien belegt. Hari hat all diese Menschen interviewt und die große Menge an Informationen in seinem Buch brillant aufgearbeitet. Zu jeder Ursache präsentiert er im zweiten Teil eine mögliche Lösung. Hari gibt Impulse, wie man das eigene psychische und soziale Leben verändern kann, ohne jemals zu sagen "Man sollte..." oder "Probieren Sie doch mal..." oder gar irgendwelche Checklisten zum Abarbeiten zu präsentieren. Ganz intuitiv erkennt man, dass es eigentlich ganz einfach wäre, ein paar grundlegende Dinge im eigenen Leben zu verändern - und das Schlüsselwort lautet dabei immer "Gemeinschaft".

Der Zugang zu den Themen wird enorm erleichtert durch persönliche Geschichten, entweder von Hari selbst oder von seinen Interviewpartnern. Journalistische Teile wechseln sich angenehm mit wissenschaftlichen ab und zeigen das Thema Depressionen so als etwas, das einerseits erforscht wird, andererseits aber in jedem Leben ganz real und präsent ist. Hari nimmt die Angst vor dieser Krankheit und erschließt Wege, wie wir sie gemeinsam behandeln können. Denn die Annahme, all das sei nur auf eine Fehlfunktion des Gehirns zurückzuführen, ist äußerst gefährlich - und vor allem falsch. Hari zeigt, dass es Zeit wird, neue Lösungen zu finden und umzusetzen.

"Der Welt nicht mehr verbunden" hat mir außerordentlich gut gefallen, und es hat mich zum Nachdenken und Verändern angeregt. Denn selbst, wenn man (noch) nicht depressiv ist, können Haris Vorschläge entschieden zu einem freudigeren Leben in einer guten Gemeinschaft beitragen. Ich wünsche dem Buch viele Leser, da diese Themen uns alle angehen und wir die Probleme nur zusammen lösen können.