Ein Muss für alle gesellschaftlich Interessierten

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In dem Buch "Der Welt nicht mehr verbunden" von Johann Hari geht es um Antidepressiva, ihre tatsächlichen und scheinbaren Wirkungen, ebenso um Placeboprodukte im Vergleich, die Auswirkung auf die Betroffenen, die sie nehmen, die Ärzte, die sie verschreiben und die Pharmafirmen, für die es ein Riesengeschäft ist.

Das Buch ist nicht nur erhellend für Betroffene, sondern für jedermann, der sich für aktuelle gesellschaftliche Themen interessiert. Es ist sehr verständlich geschrieben, und eine große Menge an Beispielen führt lebhaft durch wissenschaftliche Untersuchungen.

Der Autor hat ein große Anzahl von weltweiten Untersuchungen betrachtet und kommt zu dem Ergebnis, dass die unterschiedlichen Medikamente, die zur Behandlung einer Depression eingesetzt werden, zum Teil erhebliche Nebenwirkungen haben, sowie eine gewisse Abhängigkeit machen können. Sie werden oft bedenkenlos verschrieben, obwohl die Gefahren bekannt sind. Zusätzlich wird offenbar, dass einige Placebos teilweise eine bessere Wirkung erzielen als Medikamente.
Dies lässt den Autor, der selbst Betroffener ist und jahrelang Antidepressiva verschrieben bekommt, aufhorchen.

Es stellt sich die Frage, was ist eine Depression. Ist sie ein chemischer Vorgang im Gehirn? Hari betreibt Ursachenforschung. Seine ausgedehnte Recherche lässt immer wieder gleiche Muster erkennen, dass nämlich Menschen mit wenig Entscheidungsmöglichkeiten oder geringer Anerkennung im Beruf eher zu einer Depression neigen, ebenso Menschen, die in ihrer Kindheit Gewalt oder sexuelle Übergriffe erlitten und andere negative Erfahrungen gemacht haben. Dagegen sind Menschen, die in die Natur gehen oder auch nur die Aussicht auf Natur haben (im Falle von Häftlingen) weniger anfällig für Depressionen.

Der Autor kann keine Pauschallösungen anbieten, aber eines wird klar: eine Verbesserung der Lebenssituation hat meist eine Verbesserung der Depression bis hin zum vollständigen Verschwinden zur Folge. Also muss vor einer Behandlung immer die Ursachenforschung stehen, und dann sollte zunächst eine zielgerichtete Verbesserung der allgemeinen Lebenslage herbeigeführt werden. Die Beseitigung von Ängsten, das Gefühl in einer Gemeinschaft zu sein und die Hoffnung auf Lösung der vielfältigen Probleme, die ein Mensch hat, können überaus "heilsam" sein.