Bedrückende Atmosphäre - aber ein tolles Buch

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mellie Avatar

Von

Eva Bruhns ist Dolmetscherin und wird für einen Übersetzungsjob herangezogen. Für Eva stellt sich nach und nach heraus, dass es sich nicht einfach um ein normales Gerichtsverfahren handelt.
Es ist absolut erschreckend, dass 18 Jahre nach Kriegsende jemand scheinbar gar nichts von Auschwitz, KZs und der gesteuerten Vernichtung von Millionen von Menschen gehört haben will.
Der Autorin gelingt es die damalige Stimmungslage in der jungen BRD wiederzugeben. Die Vergangenheit sollte abgeschlossen sein. Erinnerungen daran waren unerwünscht. Schuld und Verstrickung? Die Frage und Antworten sollten unter dem Teppich bleiben.
Nun aber krochen sie unter dem Teppich hervor und Eva muss feststellen, dass diese Vergangenheit in ihrem Leben viel präsenter ist als gedacht. Ihr Verlobter leidet immer noch darunter, dass er seine Mutter im Krieg nicht beschützen konnte, sein Vater als Kommunist interniert war. Dann muss Eva feststellen, dass ihre Vergangenheit enger mit Auschwitz verbunden ist sie gedacht hatte. Ihre Eltern haben im Lager gearbeitet - in der Küche der Lagerleitung. Eva Eltern tun alles, um ihre Verwicklung zu verheimlichen bzw. klar zu machen, dass ihre Anwesenheit dort vollkommen unerheblich war.
Der Spannungsbogen von Evas Nichtwissen zu dem Verständnis eigener Erinnerungsfetzen aus der Kindheit ist brilliant. Und nicht nur Evas Erinnerungen konnten diesem Ort nicht entkommen. Mehr möcht ich nicht verraten.
Aber: absolut lesenswert.
Und außerdem gilt die treffende Feststellung eines Staatsanwalts: die braune Masse ist im Mai 1945 nicht einfach in die unendlichen Weiten des Universums verschwunden.