Ein Stück deutsche Geschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
elchi130 Avatar

Von

Eva schliddert zufällig und vollkommen unbedarft als Übersetzerin für Polnisch in die Auschwitz Prozesse.

Annette Hess hat die Atmosphäre der Zeit sehr gut eingefangen. Zu Beginn fühlte ich mich regelrecht in die Zeit zurückversetzt, in der der Fernseher der Mittelpunkt der „guten Stube“ bildet, die Eltern um die Hand der Tochter gebeten werden und unverheiratete Frauen „Fräulein“ genannt werden.

Das Buch blieb für mich sehr lange eine nette Geschichte, in der die Auschwitz Prozesse eher eine Nebenrolle spielten. Die Hauptrolle nimmt auf jeden Fall Eva ein, die sich im Laufe des Romans emanzipiert. Eva, die gute Tochter, die ihre Eltern und ihre Geschwister bedingungslos liebt. Eva, das Fräulein, das schon fast über das heiratsfähige Alter hinaus ist und einen Mann will, der ihr sagt, wo es langgeht im Leben.

Und dann ändert sich Evas Leben und damit auch Eva, als sie Tag für Tag die Erlebnisse der Auschwitz Überlebenden übersetzt. Und als sie Tag für Tag die Kaltschnäuzigkeit der Angeklagten erlebt. Als sie mitbekommt, dass niemand in ihrer Umgebung hören möchte, was sie Tag für Tag hört und erlebt. Und je mehr sie sich verändert, desto weniger dreht sich ihr Leben darum, dass sie schnell heiraten muss und desto weniger ist sie die brave Tochter. Sie erkennt, dass es viel wichtigere Dinge im Leben gibt.

Doch richtig spannend wird das Buch nach meiner Ansicht erst auf den letzten ca. 70 Seiten. Da ist das passiert, was ich schon gar nicht mehr zu hoffen gewagt habe. Das Buch, das für mich eher dahinplätschert, hat mich doch noch richtig gepackt.