"Wir hatten doch keine andere Wahl!"

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Der Roman „Deutsches Haus“ von Annette Hess ist 2018 in der Ullstein Buchverlage GmbH erschienen.
Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Eines Nachmittags wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenbefragung zu übersetzen. Doch die geschilderten Geschehnisse der Aussage kann sie nicht einordnen. Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird und alle Zeitungen scheinen darüber zu berichten. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie, die gegen ihr Mitwirken im Prozess ist. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird. Denn Eva ist es, die nicht nur den Richtern und Anwälten eine Stimme gibt, sondern auch den ehemaligen Häftlingen und ihren Peinigern. Und schlussendlich stellt sich heraus, dass auch Evas Familie etwas mit dem Todeslager zu tun hat.
Meiner Meinung nach könnte das Buch auch ein Drehbuch für einen zukünftigen Film sein, der uns unsere „deutsche Geschichte“ vor Augen führt. Da wurde aus Führertreue plötzlich Opfertum. Ehemalige SS-Aufseher erlebten den Wirtschaftsaufschwung als angesehene Bürger. Aber „Deutsches Haus“ erzählt nicht nur die unglaubliche Geschichte der Auschwitz-Prozesse sondern auch Evas ganz eigene Geschichte aus dem traditionellem Rollenbild. Als ihr Verlobter, bei Evas Dienstherren interveniert, löst sie kurzerhand die Verlobung. Aufgedeckte, dunkle Familiengeheimnisse bringen sie auch zum Bruch mit ihren Eltern.
Annette Hess hat mit „Deutsches Haus“ ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte geschaffen, dass aufzeigt wie wichtig das Aufarbeiten der eigenen Vergangenheit ist. Wir sollten niemals vergessen, dass Unrecht niemals wieder Recht werden darf.