Vergangenheitsbewältigung

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Agnete führt ein zufriedenes Leben mit ihrer Tochter und ihrem zweiten Ehemann. Doch als ihr plötzlich die Haare ausfallen und ihr Mann sich auf längere Geschäftsreise begibt beginnt sie, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und muss sich eingestehen, dass dort vieles schief gelaufen ist.
Diese Selbstanalyse verlangt Agnete viel ab, führt sie zurück in ihre Studienzeit und in eine Beziehung, die ihr tiefen Schaden zugefügt hat. Die Beziehung zum Vater ihrer besten Freundin ist extrem einseitig, sie zieht sie immer tiefer hinab in einen Strudel aus Abhängigkeit, Depressionen, Selbstverletzungen und einer Essstörung.
"Mich selbst will ich kontrollieren, nicht andere" (S.73), der Versuch, ihr Leben zu kontrollieren, beherrscht Agnetes Leben.
Hilde Rød-Larsen beschreibt Agnetes Selbstreflexion auf distanzierte, fast emotionslose Art und Weise. Ihr Schreibstil entfaltet eine gewisse Sogwirkung, als Leser*in fühlt man das Unglück der jungen Frau, ihren stillen Hilferuf nach Anerkennung und danach, überhaupt wahrgenommen zu werden.
Dieser Roman ist keine leichte Unterhaltung, fesselt aber durch seine leise Erzählweise einer bedrückenden Geschichte.
In der heutigen Zeit der #metoo-Debatte bekommt diese Geschichte einen sehr aktuellen Hintergrund. Tatsächlich habe ich mich gefragt, ob hier die Autorin ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet hat, da es einige Parallelen zu ihrem Lebenslauf gibt.
Eine Empfehlung vor allem für Frauen, die einen ernsten und anspruchsvollen Roman zu schätzen wissen.