Actionreicher Politthriller

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„Er war sein Vorgesetzter beim CIC, und als amerikanischer Soldat hatte Gerber ihm zu gehorchen. Aber offiziell war er jetzt Deutscher, ein Polizist der jungen Bundesrepublik. Durfte er da einen Mörder schützen, um amerikanische Interessen zu wahren?“

„Die Akte Adenauer“ ist der Auftaktband einer Reihe rund um Philipp „Phil“ Gerber. Dieser ist im Jahr 1953 zum Kriminalhauptkommissar beim BKA befördert worden. Einerseits sind die Nachwirkungen des Zweiten Weltkrieges präsent, andererseits ist der Kalte Krieg unausweichlich. Kurz vor Kriegsbeginn war der Protagonist mit seinen Eltern in die USA ausgewandert, um als Angehöriger des amerikanischen Militärgeheimdienstes CIC gegen die Nazis zu kämpfen.
Gerber muss den Mord an seinem Vorgänger aufklären. Pikant: Der Ermordete war wie Gerber ein Agent der Amerikaner. Eva Herden arbeitet für das kommunistische Magazin „Brennpunkt Bonn“. Gemeinsam mit dem BKA’ler findet sie heraus, dass eine rechtsgerichtete Gruppierung einen Politiker töten will – dies will Konrad Adenauer höchstpersönlich verhindern- also soll Phillipp Gerber den Gegenspieler des Rheinländers beschützen…
„Die Akte Adenauer“ von Ralf Langroth hat mich gut unterhalten. Als Leser taucht man in eine vergangene Zeit ein, man wird Zeuge der sowjetisch – amerikanischen Konkurrenz, das geteilte Deutschland spielt natürlich eine Rolle. Kapitalismus oder Kommunismus – welches ist das bessere System, gibt es Graustufen? Natürlich gibt es auch ein Wiedersehen mit der „alten“ Hauptstadt Bonn. Konrad Adenauer, Herbert Wehner – die Crème de la Crème der (west)deutschen Nachkriegspolitik tritt auf.
Ich ärgere mich oft über historische Romane, weil sie eigentlich in die Kategorie „Fantasy“ gehören. Langroth (es handelt sich wohl um ein Pseudonym) kann erfreulicherweise mit Faktentreue punkten. Durch die saubere Recherche gerät „Die Akte Adenauer“ eben nicht zum ahistorischen Politthriller. Stil und Sprache sind einfach, daher kann man den Roman flott lesen, wer jedoch die Raffinesse eines John le Carré erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Auch sind die Figuren nicht so fein ziseliert wie beim britischen Altmeister. Es gibt jedoch actionreiche Szenen, die darauf schließen lassen, dass hier eventuell schon mit einer Verfilmung geliebäugelt wurde. Das zeitgeschichtliche Element ist der Aspekt, der mir an der „Akte“ am besten gefiel. Auch das Nachwort und die Anmerkungen des Autors fand ich sehr aufschlussreich, und was nicht ist, kann ja noch werden.
Band zwei der Reihe („Ein Präsident verschwindet“) soll im Februar 2022 erscheinen. Man darf gespannt sein!