Ein Sturm zieht auf

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martinabade Avatar

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Nach getaner Lektüre habe ich mich schwergetan, etwas zu diesem Buch zu schreiben, das die Leserin oder den Leser auch „informierter“ macht. Also habe ich den Computer befragt, ob er wohl noch meinen Text zum ersten Band der Reihe „Das neunte Gemälde“ aufbewahrt habe. Hatte er.

Ich schrieb: „Schon bevor Autor und Verlag wissen, ob der Erstling beim Lesepublikum Gefallen findet, wird schon eine ganze Serie angekündigt. Und so sind die Handlungen und vor allem das Personaltableau dann auch angelegt.“ Check.

„Die Akte Madrid“ hat die offensichtliche Stammbesetzung: Lennard Lomberg, Kunstsachverständiger und Amateurdetektiv, seine Tochter Julie und seinen guten Freund, Peter Barrington. Für die Übersicht über alle anderen Personen gibt es im Anhang ein Personenverzeichnis. Dringend notwendig. Die Figur Lomberg hat im zweiten Band eine Entwicklung gemacht. Die bloße Kunstexpertise reicht ihm nicht mehr, dieses Feld überlässt er mehr und mehr seiner Assistentin, auch diese Figur wird sicherlich im dritten Band mehr in den Vordergrund rücken. Auch Tochter Julie wird präsenter.

„Protagonist des „Neunten Gemäldes“ ist ein Bild. … Und es übt einen ungemeinen Reiz auf jeden Betrachter aus.“ Check.Protagonist der „Akte Madrid“ ist ein Bild. Tormento in ciernes – Ein Sturm zieht auf.

„Doch, um die Handlung in Gang zu bringen, braucht es erst einmal eine Leiche.“ Das ist im Nachfolger, der überhaupt sehr un-gewalttätig und in der Gegenwart leichenfrei ist, anders. Hier ist es der Diebstahl eben jenes Tormento in ciernes der Trigger. Und natürlich, eine verschwiegene Stimme aus dem Hintergrund, die uns in die Bundespolitik der Gegenwart führt.
Auch im Folgeband arbeitet Storm wieder auf drei Zeitebenen 2016, 1968, 1943.

„Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen. Und hier muss der Leser wirklich am Ball bleiben. Die Anzahl der Figuren, die entweder auf- und dann gleich wieder abtauchen oder aber vom Autor durch alle drei Zeitebenen geführt werden, ist unglaublich hoch.“ Check. Warum greift denn da kein Lektor ein? Das Streichen von drei oder vier Handlungsschleifen machte das Buch nicht schlechter sondern wahrscheinlich besser.

Im „Neunten Gemälde“ geht es um ein Gemälde, das beim letzten Zusammensein der Freunde Picasso, Braque und Derain. In der „Akte Madrid“ geht es um ein Gemälde, dass das letzte Zusammensein von Salvador Dalí, Luis Buñuel und Federico García Lorca zeigt.

„Mit Spannung und üblem Erwachen kann der Leser dann in den 1966er Abschnitten verfolgen, wie nahtlos Personen, Funktionsträger und ganze Eliten vom Dritten Reich in das schöne, neue Westdeutschland rutschen. In Behörden und Ministerien – bis ganz nach oben. Und Rache ist eine Mahlzeit, die am besten kalt genossen wird.“ Check. Dieses Mal nur in 1968.

„Am schwächsten ist dem Autor die Gegenwartsschiene geraten.“ NICHT Check. Die Gegenwartsschiene ist in diesem Band deutlich plastischer als im Erstling. Lomberg ist professioneller, weniger exaltiert. Es gibt ein paar sehr starke Frauenfiguren, von denen, wie schon gesagt, einige das Potential zur Entwicklung haben.

Lieber Herr Storm, für den dritten Band soll es nach UK gehen. Wir haben die Reißbrett-Vorlage jetzt erkannt. Bitte also nicht ein drittes Mal. Aber, für den Spätsommer und lauschige Abende ist "Die Akte Madrid“ eine unterhaltsame Lektüre, die die Leserin oder den Leser nicht dümmer macht.