Francos Erben

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marapaya Avatar

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Da bin ich mal wieder völlig unbefleckt in einen Krimi gestolpert, der mich in seiner historischen Dimension und seinem kunsthistorischen Thema wahrlich überrascht und beeindruckt hat. Lennard Lomberg arbeitet eigentlich als Kunstgutachter für Kunstversicherungen, wenn ich das richtig verstanden habe. Der Kunstmarkt ist heiß begehrt und nach wie vor eine gute Geldanlage, da muss das neu erworbene Kunstobjekt bestens versichert sein. Manchmal verschwindet ein Kunstwerk aber auch auf Nimmerwiedersehen oder ist gar schon seit Jahrzehnten verschollen. Da gibt es zahlreiche Werke der Moderne, die man seit dem Zweiten Weltkrieg nie wieder gesehen hat. Mag sein, dass sie zerstört wurden, kann aber auch sein, dass sie bei einem privaten Sammler seit Jahrzehnten ungestört an der Wand hängen. Eines dieser verschollenen Werke einer spanischen Surrealistin ist von eben solch einer Wand verschwunden und bringt nun den deutschen Verteidigungsminister in Bedrängnis, weil das Bild aus seinem Besitz zu stammen scheint und man ihn damit erpresst, diese Information an die große Glocke zu hängen. Das wäre seiner Karriere wenig zuträglich. Also soll sich Lomberg dieses Falles annehmen und dafür ins spanische Granada reisen. Aus einem Nebengebäude der Alhambra ist das verschollene Werk nämlich verschwunden. Und der kanadische Nebenbuhler in Sachen Raubkunst scheint schon mehrere Tage Vorsprung vor Ort zu haben.
Andreas Storm versteht es meisterhaft hier mehrere Zeitebenen miteinander zu verweben, die die jeweilige historische Grundlage bilden, um im aktuellen Zeitgeschehen der Gegenwart den Fall aufzulösen. Storm lässt uns teilhaben an der Entstehung des Bildes, erzählt uns Teilstücke aus der Geschichte der Künstlerin in ihrer Perspektive. Ebenso erzählt er als Counterpart vom deutsch-spanischen Bösewicht, der sich für Franco gegen Hitler entscheidet und den ich zu Beginn noch gar nicht als Bösewicht lese. Die Eckpfeiler der Geschichte unterscheiden sich nicht so sehr von den üblichen Motiven eines guten Politthrillers. Macht, Reichtum, Korruption – erfolgreiche Männer auf dem Zenit ihrer Macht schrecken vor wenig zurück, um die eigene Position zu halten. Vertuschen gehört zum politischen Handwerk dazu. Für mich als Normalsterblicher, wäre es wohl kaum möglich an all die Informationen zu kommen, die Lemberg und sein Team ausgraben oder zugespielt bekommen. Wie realistisch die Handlung in der Gegenwart also ist, darüber lässt sich streiten. Die Komposition der Geschichte aber war für mich Spannung pur und dabei im Geiste nochmal die Gärten und Paläste der Alhambra zu durchschreiten, eine unverhoffte, schöne Urlaubserinnerung.