Voller überraschender Wendungen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
palatina Avatar

Von

Nach „Der andere Sohn“ ist „Die andere Schwester“ die Fortsetzung rund um den Kommissar John Adderley. Den verfolgt seine Vergangenheit als Under-Cover-Agent bei einem nigerianischen Drogenkartell selbst in das kleine Karlstad, wo er unter falschem Namen wohnt und arbeitet. Überhaupt ist diese Vergangenheit immer präsent und verfolgt ihn am Tag und in seinen Träumen, macht aus ihm einen Getriebenen, der sich nicht so recht auf seine Arbeit konzentrieren kann. So ist er auch nicht ganz frei in seinen Entscheidungen, als er nach dem Mord an der Gründerin einer Dating-Plattform, Stella Bjelke, nach dem Täter fahnden soll – grätscht ihm diese Vergangenheit doch immer dazwischen.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von John Adderley und Alicia Bjelke erzählt. Alicia ist die Schwester der Toten und das genaue Gegenteil ihrer schönen, geltungssüchtigen, extrovertierten Schwester – eben die andere Schwester. Gelegentliche Rückblicke geben Einblicke in wichtige Zusammenhänge, die in der Vergangenheit liegen.
Die Autoren zeichnen John Adderley als einsamen Wolf, der in der Regel auf eigene Faust ermittelt und den seine ständige Angst und Misstrauen sehr einsam machen. Alicia ist ihm im Grunde sehr ähnlich. Auch sie hat in der Vergangenheit mehrfach etwas erlebt, das sie quält. Während er sich jedoch in Arbeit stürzt, trinkt Alicia gegen ihre Einsamkeit und die Erinnerungen an. Beide geraten immer wieder in Situationen, in denen sie überfordert scheinen, was sie menschlich erscheinen lässt.
Allerdings wirkt die Geschichte an einigen Stellen ein wenig konstruiert: Kann ein Gesicht tatsächlich so entstellt werden, dass die Person nicht mehr erkannt wird – schließlich bleibt die Stimme doch die gleiche? Kann man sich selbst zielsicher ein Messer in den Hals rammen und daran verbluten – da gibt es doch weniger blutige Alternativen, um aus dem Leben zu scheiden, selbst im Affekt …
Insgesamt ist der Krimi allerdings lesenswert: Das Autorenduo Mohlin und Nyström versteht sich gut auf die überraschenden Wendungen, was den Krimi spannend macht. Die Figuren wirken insgesamt authentisch in ihren jeweiligen Konfliktlagen. Zudem dauert es lange, bis man als Leserin erahnt, wie alles zusammenhängen könnte. Was möchte man als Krimileserin mehr.