Nomen est omen

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justm. Avatar

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Diesen Roman als eine Geschichte über Mütter und Töchter abzutun, würde ihm nicht gerecht werden, denn er ist so viel mehr:
Ja, es geht auch um die Beziehung von Protagonistin Toni zu ihrer Mutter. Eine Beziehung, die so sehr belastet zu sein scheint, daß Toni ihre Mutter tatsächlich, seit sie denken kann, nur bei ihrem Vornamen nennt. Das Verhältnis zum Vater ist da viel besser. Oder scheint dies nicht letzten Endes nur so zu sein?
Nach einem Unfall und der Transplantation einer neuen Hornhaut, stellt Toni plötzlich alles in Frage: das Verhältnis zu den Eltern, zum Lebensgefährten, ihren Job, ihr gesamtes Umfeld. Diese Fragen verstärken sich noch, nachdem sie Kontakt zur Spender-Familie bekommt, einer Familie, die so ganz anders, als die ihre, zu sein scheint.
Nur ist anders wirklich besser?

Autorin Dinah Marte Golch verknüpft auf knapp 440 Seiten Familien-Drama mit Krimi-Elementen. Beides vor dem Hintergrund einer Organspende, nur um dann noch einen Bogen in eine völlig andere, unerwartete Richtung zu schlagen.

Erzählt wird auf einer "Hier-und-Jetzt"-Ebene und in Rückblenden, die allerdings nur wenige Monate zuvor beginnen und im Laufe des Buches die "Hier-und-Jetzt"-Ebene einholen. Beide unterscheiden sich auch dadurch, daß im Hier Toni als Ich-Erzählerin auftritt, während die Rückblenden auch insofern Distanz zum Geschehen(en) aufbauen, als daß die Ich-Perspektive dort wegfällt.
Als stilistisches Mittel zeigt es auch, wie sehr sich die Protagonistin im Laufe der Geschichte gewandelt hat. Sie als Leser*in dabei zu begleiten ist sowohl spannend, in Teilen aber auch dramatisch, deprimierend und sogar traurig.
Dennoch ist es ganz wunderbar im Laufe der Seiten das Puzzle rund um Toni, ihre Familie und auch die Spender-Familie, mit ihr gemeinsam zusammenzusetzen. Es gibt keinerlei Längen was die eigentliche Geschichte angeht, nur an manchen Stellen, wirkt die Geschichts-Verliebtheit der Autorin dann doch ein wenig zu dick aufgetragen und beinahe schon überflüssig.

Trotz all der Irrungen und Wendungen in der Geschichte werden alle aufgegriffenen Erzähl-Fäden so gut miteinander verwoben, daß sie am Ende ein stimmiges und rundes Bild ergeben. Ein Bild, daß vielleicht nicht harmonisch ist, aber zumindest komplett.
Und letztlich eben mehr, als nur eine Geschichte von Müttern und Töchtern.