Spannende Unterhaltung

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
mike nelson Avatar

Von

"Die andere Tochter" von Dinah Marte Golch entpuppt sich Seite für Seite immer mehr als ein subtiler Psychothriller. Und das Lesenswerte an dem Roman ist vor allem die gut konstruierte Geschichte und die fundierte Recherche - mit fachmännischer Unterstützung, wie man im Anhang nachlesen kann. Und jetzt kommt das große Dilemma - wie gern würde ich die spannende Handlung einfach so erzählen... aber viel mehr als das, was der Klappentext bereits wiedergibt, darf ich eigentlich nicht verraten, ohne ganz gemein zu spoilern! Da ist viel reingepackt, in die Geschichte. Da ist Raubkunst aus der Nazizeit, da sind Familiengeheimnisse, da sind traumatische und abgespaltene Kindheitserlebnisse der Protagonistin Antonia (ihres Zeichens 'Wohnungsentrümplerin' - und schon dadurch mit einer gewissen Nähe zu Verstorbenen). Und wie es der Autorin gelingt, das zunächst Verborgene aufzuklären, die in die Gegenwart hinein sich auswirkende Vergangenheit zu enträtseln und am Ende einen - wenn auch schmerzvollen - Neubeginn zu inszenieren, das zeugt schon von anerkennenswerter Handwerkskunst. Der Roman hat sicher nicht den Anspruch große Literatur zu sein, aber ins Filmische umgesetzt wäre es sicher beste Fernsehunterhaltung. Und wer einen leichten Hang zu grenzwertigen psychischen Phänomenen hat - nämlich dass dem transplantierten Organ auch ein Stück des Wesens des Spenders auf den Empfänger übergeht - dem sei "Die andere Tochter" besonders empfohlen. Oh - jetzt doch noch gespoilert...