Beklemmend, aber distanziert – ein literarischer Ansatz, der nicht jeden erreicht
„Die Ausweichschule“ von Kaleb Erdmann ist kein gewöhnlicher Roman über ein Amoklauf-Szenario. Statt auf schnelle Spannung oder plakative Gewalt zu setzen, zieht Erdmann die Leser in einen stillen, fast dokumentarischen Strom aus Beobachtungen und Gedanken. Die Entscheidung, vollständig auf wörtliche Rede zu verzichten, verstärkt den Eindruck, als würde man alles aus einer unsichtbaren, beinahe schwebenden Perspektive erleben.
Inhaltlich verfolgt der Text nicht nur den Tag der Tat, sondern webt auch Fragmente aus dem Alltag der Figuren ein – Mitschüler, Lehrer, Nebensächlichkeiten, die sich zu einem dichten Netz verweben. Gerade diese Alltäglichkeit, die plötzlich von Gewalt durchbrochen wird, ist beklemmend.
Allerdings hat mich die Form irgendwann auf Distanz gehalten. Der monotone Fluss ohne Dialoge ließ es mir schwerfallen, emotional wirklich nah an den Figuren zu bleiben. Vieles blieb im Andeutungsmodus, was zwar stilistisch konsequent, für mich aber auch anstrengend war.
Fazit: Ein literarisch anspruchsvoller, mutiger Text, der gerade durch seine Form polarisiert. Wer mit unkonventionellen Erzählweisen etwas anfangen kann, wird hier viel entdecken – wer klassische Spannung sucht, könnte sich dagegen verloren fühlen