Kein Buch für zwischendurch

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lielo99 Avatar

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Am 26. April 2002 geschah das Unglaubliche. Eine Schule in Erfurt gelangte zu einer traurigen Berühmtheit. Der Schüler R. Steinhäuser erschoss 16 Menschen und danach sich selbst. Was waren seine Motive und hätte man diesen Amoklauf verhindern können? Heute, nach so vielen Jahren fragt kaum noch jemand danach. Dabei sind es betroffene Schüler, die den Tag im Gutenberg- Gymnasium erleben mussten. Viele von ihnen hatten Todesangst und leiden bis heute unter dem Trauma.

„Die Ausweichschule“ ist ein Roman, der auf der Shortliste des #dbp25 steht. Der Autor schreibt über den Tag, den er als 11jähriger erlebte. Schon seit etlichen Jahren wohnt er in Frankfurt, also weit weg vom Ort des Geschehens. Warum er gerade jetzt ein Buch über das Attentat schreiben musste, das wird ihm erst während des Schreibprozesses klar. Was mir beim Lesen auffiel war, in welcher Weise sich um die Schüler gekümmert wurde. Es gab weit und breit nur eine Traumatherapeutin und die wurde nach Erfurt entsandt. Traurig, aber wahr. Mittlerweile gibt es in jedem Bundesland Fachleute, die eine Ausbildung durchliefen und sich bestens damit auskennen. Nein, auch sie werden das Erleben der Schüler nicht aus ihrem Gedächtnis streichen können. Aber sie helfen dabei, sich dem Schmerz zu stellen und damit zu leben.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Es gibt keinen roten Faden. Immer wieder schweift der Autor ab. Er wechselt spontan zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Zwischen Gesprächen mit der Freundin, der Mutter oder Menschen, die das Geschehen als Theaterstück aufführen möchten, geht es hin und her. Ich werde das Buch mit Sicherheit noch einmal lesen. Zu wertvoll sind mir die Erfahrungen des 11jährigen, der viel mehr wissen wollte, als die Frage nach dem „Warum“.