Keine leichte "Kost"

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stoepfel Avatar

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Die titelgebende Ausweichschule spielt in dem Buch von Kaleb Erdmann nur eine untergeordnete Rolle.
Vielmehr ist seine 'Aufarbeitung' der Erlebnisse eine Art Meta-Text, ein Buch über die Entstehung eines Buchs. Es wirkt stark autobiographisch, es bleibt aber unklar, wie stark es das wirklich ist.
Zwei Zeitstränge vereinen sich zu einem tatsächlich überraschenden, fulminanten Epilog.
Gespickt sind sie mit Gedanken und Episoden fast schon philosophischer Qualität, Ausflügen in die Literatur- und Kunstgeschichte, die einzuordnen nicht immer leicht fällt und so bisweilen beliebig wirken.

Auch wenn der Protagonist durch seine Recherche und das Schreiben des Buches zu einer inneren Ruhe finden kann, bleibt die Frage offen, wie viel Voyeurismus und gesellschaftliches Interesse angebracht sind und wo die Grenze dazwischen verläuft.

Ich habe mich beim Lesen selbst dabei ertappt, Details erfahren zu wollen, die es nie geben wird. Weil Erinnerungen persönlich sind. Weil Erinnerungen trügerisch sind. Weil Rekonstruktionen immer Lücken lassen und an der Oberfläche bleiben.

So bleiben mir Einblicke in die Tiefe der Traumata, die mit so einschneidenden Gewalterfahrungen wie einem Amoklauf einher gehen, das unklare Ergebnis des Pinguin-Tests (grandiose Episode!) sowie eine ganze Reihe von offenen, losen Gedanken, die mich im Rückblick beschäftigen werden.

Es war nicht immer einfach, die Erzählstränge einzuordnen und dran zu bleiben, aber letztlich hat der Schreibstil das Lesen vorangetrieben. Und ich wollte den Protagonisten auch nicht mittendrin sich selbst überlassen.
Zu guter Letzt belohnt der Epilog für die ein oder andere Episodenlänge, ohne die das Buch auch hätte existeren können.

Ich danke vorablesen.de und dem Verlag für das Bereitstellen eines Rezensionsexemplars.