Lesen wie ein leiser Herzschlag im Hintergrund

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Es gibt Bücher, die liest man, und es gibt Bücher, die in einem weiteratmen, lange nachdem man die letzte Seite umgeblättert hat. „Die Ausweichschule” von Kaleb Erdmann gehört zur zweiten Sorte.

Beim Lesen fühlt es sich an, als würde jemand ganz sanft an eine alte, verstaubte Schublade im eigenen Kopf klopfen. Man öffnet sie zögerlich – und plötzlich ist da diese Mischung aus Beklemmung, Wärme und Nachdenklichkeit. Erdmanns Sprache ist ruhig, fast flüsternd, und gerade deshalb trifft sie. Keine literarische Keule, sondern ein leises „Komm mal mit, ich zeige dir etwas“.

Es ist dieses seltsame Gefühl, gleichzeitig hineingezogen und auf Abstand gehalten zu werden. Man liest weiter, weil man wissen will, und gleichzeitig liest man langsamer, weil man nicht will, dass es zu Ende geht.

Am Ende legt man das Buch weg, sitzt kurz still da und spürt: Irgendetwas hat sich verschoben. Nichts Lautes, eher wie ein Möbelstück, das nachts leise an einen anderen Platz gerückt wird.
Nicht zum schnellen Weglesen. Es ist ein Buch zum Reinfühlen, Reinhorchen und für diese stillen Nachmittage, an denen der Regen ans Fenster klopft und man bereit ist, ein bisschen länger in den eigenen Gedanken zu verweilen.