Literarischer Umgang mit Trauma und gesellschaftlichen Wunden

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luisabella Avatar

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»Nach einem halben Jahr des Schreibens weiß ich immer noch wenig über meine eigene Motivation, aber ich weiß, dass ich nichts aus dem Amoklauf lernen will, weil er kein Schulbuch, kein Schaubild, kein Merksatz ist, dass ich nichts aus ihm schöpfen will, denn er ist kein Waschbecken und kein Brunnen, sondern ein reales Ereignis, in dessen Folge heute siebzehn Menschen nicht mehr leben.« (120)

Kaleb Erdmann setzt sich in seinem neuen Roman »DIE AUSWEICHSCHULE« intensiv mit dem 2002 passiertem Amoklauf in Erfurt auseinander. Er selbst war damals Schüler des Gutenberg-Gymnasium und hat eigene Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag. Doch wie valide sind seine eigenen Erinnerungen? Und wie kann mensch einen Roman über dieses Ereignis schreiben, das diesem gerecht wird? Warum all das aufschreiben und zu einem Roman verdichten? Als Lesende begleiten wir den Autor dabei, wie er genau bei diesen Fragen struggelt, wie er zwischen Nachforschung, Therapie, Schreiben und Leben diesen Roman verfasst. Ein auf vielen Ebenen anspruchsvolles Unternehmen, das er auf sehr reflektierte, emphatische, bewegende Weise.

Sein Debüt »wir sind pioniere« war nicht nur vom Inhalt und Stil so ganz anders als dieser zweite Roman, der BTW für den Deutschen Buchpreis 2025 nominiert ist (Herzlichen Glückwunsch !). Umso beeindruckender ist das Schreiben und Können dieses Autors. Grosse Empfehlung für diesen starken Roman, der kein easy peasy read ist, aber dafür umso aktueller und wichtiger ist!