Retreat mit Aussicht

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miro76 Avatar

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Mit diesem versteckten Luxus-Retreat in den Bergen hat sich Pierre Karthee einen Traum erfüllt. Oder besser gesagt, den Traum seines Vaters, denn auch dieser wollte immer erfolgreich ein Hotel führen. Jetzt hängt er einsam an der Flasche und schafft nicht einmal mehr seine Einkäufe selbst.

Doch Pierre ist nicht sein Vater und hat alle Eventualitäten im Griff. Nichts wird schief gehen, wenn die große Victoria Kaplan mit ihren Freunden für ein Wochenende kommt, um die 1 Million Follower zu feiern. Dieser Besuch wird die Feuerprobe des Retreats. Gefällt es ihr, gibt das großartige Publicity, wenn nicht, ist alles aus, bevor es richtig begonnen hat.

Und obwohl Pierre und sein Team sich mächtig ins Zeug legen, dass alles so läuft wie es soll, scheint doch irgendwie alles schief zu gehen. Erst verspätet sich die Gruppe, wegen eines verpassten Flugs und bringt dann eine eigenartig unangenehme Stimmung mit. Die Dynamik in der Gruppe ist nicht von freundschaftlicher Liebe geprägt. Vielleicht war sie das früher mal, aber jetzt scheint etwas anderes vorzuherrschen, dem mit Yoga und Meditation nicht beizukommen ist. Es beginnt eine Abwärtsspirale, die während des Unwetters in der zweiten Nacht mit dem Mord ihren Peak erreicht.

Daher sind die Kapitel auch als Countdown übertitelt und wir starten 37 Stunden vor der Tat und die Autorin lässt die einzelnen Mitglieder der Gruppe, sowie den Hotelchef zu Wort kommen. Außerdem sind zwischendrin Jetzt-Kapitel eingeschoben, die nach dem Mord spielen und uns ganz schön lange rätseln lassen, wer denn nun tot ist. Das hat die Autorin sehr spannend hinbekommen.

Auch das Spiel mit den wechselnden Tatverdächtigen klappt gut. Irgendwie scheinen auf einmal alle ein Motiv zu haben und jede Person sich der Tat verdächtig zu machen. Der Aufbau des Buches ist wirklich gut gelungen. Die wechselnden Perspektiven, die zwei Zeitebenen und die Einschübe der Instagram-Beiträge lockern auf und sorgen für wachsende Spannung.

Das Setting ist ebenfalls toll. Ein Retreat in den Bergen, umgeben von Wald, völlig in der Einöde, weit und breit keine Nachbarn die etwas mitkriegen könnten - geruhsam und gleichzeitig gruselig. Je nach dem, wie es gerade beschrieben wird. Die Grenze ist da wackelig, was am Tage heimelig wirkt, kann bei Nacht leicht verstören.

Was mir nicht gefallen hat, war die Dynamik unter den Pseudofreunden, die Oberflächlichkeit ihrer Gespräche und die Unfähigkeit sich mal fallen zu lassen und zu genießen. Ich weiß ja, warum diese Sein & Schein Welt nichts für mich ist!

So schwanke ich in meiner Bewertung zwischen 3 und 4 Sternen und runde deshalb einfach auf, denn gut unterhalten hat mich das Buch allemal.