Extrem fesselndes Endzeit-Drama

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
ahabsdaughter Avatar

Von

Die zehnjährige Melanie ist kein normales Mädchen, auch nicht die anderen Kinder in ihrer Klasse. Soviel weiß sie, doch nicht, warum sie in eine Zelle eingesperrt ist und warum sie von Seargent für den Unterricht an einen Rollstuhl gefesselt wird. Die Tage sind immer gleich: fünf Tage Unterricht, dann zwei Tage eingesperrt sein, die einzige Abwechslung eine „Dusche“ und eine Schüssel voll Maden als Nahrung.
Eine Sache verwundert Melanie und bringt sie zum Grübeln: Warum scheinen Seargent und die anderen Erwachsenen sich vor den sogenannten „Hungernden“ zu fürchten? Warum behauptet Mr. Whitaker eines Tages „Die Bevölkerungszahl von Birmingham ist null“ im Unterricht? Fragen über Fragen. Einzig der Unterricht bei Miss Justineau ist Melanies Lichtblick. Sie verehrt die Lehrerin und würde alles für sie tun.
Eines Tages wird Melanie statt ins Klassenzimmer zum Labor gebracht –ein Tag, der nicht nur für das Mädchen alles verändert, auch für Miss Justineau, Dr. Caldwell, Seargent Parks und den jungen Soldaten Gallagher. Für diese Gruppe wird Melanie zur letzten Hoffnung –im guten und im schlechten Sinn…

Schon die ersten Seiten dieses spannenden Endzeit-Dramas saugten mich völlig in die Handlung hinein. Ohne große Erklärungen ist man mitten im Geschehen um das Mädchen Melanie, ist aber gleichzeitig im Unwissenden über die Hintergründe ihrer Gefangenschaft und der „Hungernden“. So, wie Melanie Informationen aufschnappt, erfährt der Leser mehr und mehr. Dadurch ist der Reiz, weiterzulesen sehr groß und der Spannungsbogen der Geschichte von Anfang an hoch. Die Erzählung aus Melanies kindlicher Perspektive ist ein weiterer Aspekt, der uns das Absurde der Situation vor Augen führt und beim Lesen keine Langeweile aufkommen lässt.
Wir befinden uns in Großbritannien, 20 Jahre nach dem „Zerfall“. Ein Pilz hat die Gehirne der überwiegenden Menschheit befallen und sie zu fleischfressenden Zombies, den „Hungernden“ gemacht. Auch Melanie und ihre Klassenkameraden sind vom Pilz befallen, haben sich aber menschliche Gefühle und ein Bewusstsein bewahrt.
Ich fand es sehr gut, dass die Hintergründe der Zombie-Verwandlung quasi wissenschaftlich dargestellt werden und ein bedeutendes Thema im Roman sind und auch das Rätsel um Melanies Anderssein nach und nach geklärt wird.
Neben der fesselnden Überlebenskampf-Handlung, die auch mit Grausamkeiten nicht spart, spielen Beweggründe und Gedanken der Menschen um Melanie eine große Rolle, wenn nicht die größte in M.R. Careys Roman.
Miss Justineau, Seargent Parks und Dr. Caldwell haben alle Hintergrundgeschichten, die ihr Wesen ausmachen und verbergen zunächst vieles vor dem Leser. So wie die Geschichte voranschreitet, schreitet zum Beispiel auch Seargent Parks‘ Wandlung voran, die ihn vom Ekel zum vielschichtigsten Charakter neben Melanie werden ließ.
Das einzige kleine Manko waren die zuletzt schon sehr wissenschaftlichen Ausführungen zu dem Pilzorganismus, denen ich manchmal nur schwer folgen konnte. Aber das trübte mein Lesevergnügen nicht.
„Die Berufene“ bietet nicht nur Spannung, sondern auch Einblicke in das, was uns menschlich macht, in die liebenswerte aber auch die grausame Seite. Den positiven Gesamteindruck rundet ein überraschendes Ende ab, welches das Buch noch lange bei mir nachhallen lassen wird. Klare Leseempfehlung, nicht nur für Fans von „The Walking Dead“.