Ganz anders als erwartet

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leseratte87 Avatar

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In „Die Bibliothek meines Großvaters“ entführt uns der Autor Masateru Konishi in eine fesselnde Erzählung, die aus zahlreichen Einzelgeschichten über ungewöhnliche Vorfälle und geheimnisvolle Begebenheiten besteht. Von süßen Alltagsrätseln bis hin zu Mord ist hier alles vertreten. Umrahmt werden diese Erzählungen von der Familiengeschichte rund um Kaede, eine junge Lehrerin, und ihren Großvater, der an Demenz (DBL) leidet, sodass die Geschichte einen klaren roten Faden hat. Jeder Teil ist in sich abgeschlossen, doch zusammen bilden sie ein stimmiges Ganzes.
Zu Beginn beobachten wir die Geschehnisse eher distanziert, doch im Verlauf der Geschichte wird die Perspektive persönlicher, und wir finden uns mittendrin im Geschehen. Diese Entwicklung hat mir besonders gut gefallen, da sie den Lesern ermöglicht, tiefer in die Emotionen und Konflikte einzutauchen.
Die Hauptcharaktere sind durchweg sympathisch und gut ausgearbeitet. Besonders die Beziehung zwischen Kaede und ihrem Großvater ist von großer Zärtlichkeit geprägt, was die emotionalen Momente der Geschichte verstärkt. Im Gegensatz zu den eher distanzierten Figuren in den mysteriösen Geschichten sind die Erzählsequenzen zwischen Kaede Iwata und Shiki sowie ihrem Großvater viel vertrauter, was einen herzlichen Kontrast schafft.
Insgesamt ist das Buch ganz anders, als ich es erwartet hatte. Der Titel lässt zunächst einen gemütlichen Familienroman vermuten, doch die Mischung aus melancholischer Familiengeschichte und spannenden Mystery-Elementen überrascht und fesselt. Die gelungene Verbindung dieser beiden Erzählstränge macht das Buch zu einem einzigartigen Leseerlebnis.
Darüber hinaus ist es eine Hommage an das klassische Detektivgenre, von Agatha Christie über John Dickson Carr (und sogar Edgar Allan Poe) bis hin zu Ellery Queen. Der Roman zeichnet sich durch den Stil japanischer Literatur aus und ist durchsetzt mit Anspielungen auf westliche Detektivromane. Die Charaktere sind sowohl Detektiv als auch Opfer, abwechselnd stark und schwach, aktiv und unbeteiligt. Es ist ein Werk, das sowohl entspannend als auch dynamisch ist.
„Die Bibliothek meines Großvaters“ ist eine berührende und zugleich spannende Erzählung, die die Themen Familie, Verlust und die Geheimnisse des Lebens auf eine einfühlsame Weise behandelt. Ein empfehlenswertes Werk für alle, die sich für tiefgründige Geschichten mit einem Hauch von gemütlichem Krimi interessieren.