wunderbar, spannend und berührend - eine schöne Geschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
kerstin aus obernbeck Avatar

Von

Falls ihr ein Buch für eine schöne Lese-Auszeit sucht, dann habe ich heute einen ganz wunderbaren Tipp für euch: „Die Bibliothek meines Großvaters“ von Masateru Konishi

„Alles, was auf der Welt geschieht, ist eine Geschichte.“ (S.42)

Kaede hat ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem 71-jährigen Großvater und kümmert sich liebevoll um den alten Mann, der sich vor gut einem halben Jahr plötzlich veränderte und bei dem eine besondere Form der Demenz festgestellt wurde. Die junge Lehrerin und der ehemalige Schuldirektor verbindet die Liebe zur klassischen Kriminalliteratur; immer, wenn es möglich ist, drehen sich ihre Gespräche um Werke von Agatha Christie bis hin zu Seishi Yokomizo und sie mögen es gemeinsam kleine Rätsel und wundersamen Begebenheiten auf den Grund zu gehen.

Zu Beginn bestellt Kaede bei einem antiquarischen Buchhandel ein Buch von Takeshi Setogawa und findet zwischen den Seiten Nachrufe des bekannten Literaturkritikers, mit dem ihr Großvater befreundet war. Was haben diese Zettel dort zu suchen? Es folgen ein mysteriöser Mord, eine verschwundene Lehrerin, ein Geist in einem Klassenzimmer – und die Gedankenspiele von Kaede und ihrem Großvater führen zu schlüssigen Erklärungen, als jedoch ihr Kollege Iwata Körperverletzung zur Last gelegt wird und Kaede von einem mysteriösen Menschen verfolgt wird und schwarze Rosen an ihrer Wohnungstür vorfindet, wird es gefährlich. Darüber hinaus scheint es ein Geheimnis um Kaedes Eltern zu geben und wie steht sie zu Iwatas Freund Shiki?

Das Buch ist am 14. August 2025 erschienen und wurde von Peter Aichinger-Fankhauser aus dem japanischen übersetzt. Das Cover und der Farbschnitt sind wunderschön gestaltet, auf dem Bild schaut eine junge Frau einem älteren Mann hinterher und ich finde diese Darstellung sehr passend, denn neben den spannenden Rätseln ist es auch eine Geschichte von einem leisen Abschied.

„Es ist also überaus wichtig, dass Sie Ihren Angehörigen mit Sanftmut und Verständnis begegnen, ...“ (S.16)

Aber es gibt auch die Momente, in denen Kaede und ihr Großvater gemeinsam Rätsel lösen und ich kann mir gut vorstellen, wie wertvoll diese Erinnerungen für die junge Frau sind.

„Es war, als wäre er wieder der Großvater, den sie kannte.“ (S.24)

Ich bin keine Expertin, wenn es um Demenz geht und kann daher vom medizinischen Standpunkt nicht beurteilen, wie korrekt die Erklärungen des Autos sind. Ich kann jedoch sagen, dass die Gefühle und Sorgen von Kaede nachvollziehbar sind und sehr berühren.

„Schließlich stand stets die Möglichkeit im Raum, dass der aktuelle Zustand ausgerechnet diesmal unumkehrbar war und man nie wieder ein normales Gespräch mit dem Kranken führen könnte.“ (S.283)

Bei dem Buch handelt es sich um den ersten Teil einer Trilogie und ich bin schon gespannt, wie es weitergehen mag, denn es gibt einen Herzschmerz-Cliffhanger, dessen Auflösung mich sehr interessiert und ich möchte auch gern erleben, wie es Kaede und ihrem Großvater weiterhin ergehen wird.

Masateru Konishi erzählt einfühlsam in sechs Kapiteln schöne Geschichten, die zum einen durch die Rätsel und durch die Bezüge zu klassischen Krimis spannend sind, zum anderen durch die besondere Verbindung der Protagonisten und die einfühlsame Schilderung der Krankheit des Großvaters, berührt.

Ganz große, herzliche Leseempfehlung!