Eine Reise ins Vergängliche, um die Wahrheit herauszufinden

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
sonnenblumenkind70 Avatar

Von

Edvard wuchs bei seinem Großvater Sverre am Rande eines norwegischen Bergdorfes auf, nachdem seine Eltern 1971 bei einem Unfall ums Leben kamen. Eines Tag fährt Edvard seinen Großvater ins Dorf herunter. Als sie später zu ihrem geparkten Auto zurückkommen, leuchtet ein Hakenkreuz auf dem jahrzehntealten Mercedes. Kurz darauf stirbt Sverre, und Edvard trägt ab jetzt die Verantwortung für Haus und Hof. Sverre hinterlässt Fragen, für die Edvard jetzt Antworten finden will. Als Edvards Eltern starben, war er gerade einmal drei Jahre alt, und erinnert sich blass an die damalige Zeit. Sverre verbrachte einige Jahre im Zweiten Weltkrieg, und sein Bruder Einar ebenso. Aber eines Tages müssen sich die beiden Brüder überworfen haben. Edvard trägt einen norwegischen und einen französischen Familiennamen. Seine Mutter Nicole und sein Onkel Einar nahmen ein Geheimnis mit ins Grab. Edvard begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit, die bis zum Ersten Weltkrieg zurückgeht, um herauszufinden, warum sich Sverre und Einar sich zerstritten hatten, und warum seine Mutter einen französischen Familiennamen trug. Über den Flammbirkenwald wird ebenso viel Geheimnisvolles erzählt. Edvard versucht mit Hilfe von verschiedenen Reisen die Wahrheit über sich und seine Familie herauszufinden.
Mit dieser norwegischen Familiengeschichte nimmt der norwegische Autor Lars Mytting die Leserschaft auf eine europäische Reise im geografische wie historischem Sinne mit, um kleine Mosaiksteinchen einer Familie nach und nach zusammenzusetzen. Der Hauptprotagonist Edvard Hirifjell Daireaux versucht nach dem Tod seines Großvaters Sverre Hirifjell alte Familiengeheimnisse zu enträtseln. Bisher hatte man Edvard erzählt, dass seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, aber nie hat jemand erzählt wie es passiert ist. Angeblich soll Edvard beim Eintreffen der Polizei nicht bei seinen Eltern aufgefunden worden sein. Lars Mytting erzählt auf eine tragische – zum Teil melancholische Art – das Schicksal von mehreren Generationen und Personen, die bei Edvard Fragen hinterlassen haben, für die er nun versucht, Lösungen zu finden. Aber die Geschichte wird nicht nur einseitig melancholisch erzählt, sondern eine zärtliche Liebe lernt Edvard auf seiner Reise kennen. Diese Familiengeschichte hinterlässt ein Stück Geschichte - auch die deutsche Geschichte wird am Rande angedeutet - und tiefgründige Personen, die zwar ernsthaft erscheinen, aber zwischen den Zeilen lässt der Autor Emotionen und Zweisamkeit zart wachsen, so dass es keine tieftraurige Geschichte darstellt.
Als ich diesen Roman las, lernte ich ein Stück Geschichte kennen, die mir bisher verschlossen blieb: die Geschichte der Shetland-Inseln, und welche Verbindungen die Norweger mit den Briten hatten in der Vergangenheit. Der Roman hinterlässt eine kompakte und komplexe Familiengeschichte, die man sacken lassen muss. Es macht auch Sinn, diesen Roman nach einiger Zeit ein zweites Mal zu lesen, alleine wegen der Landschaftsbeschreibungen, und die menschlichen Beziehungen zueinander. Ein wertvoller Roman, der einen immer wieder beschäftigt, und zeigt, wie gut es einem geht, wenn man nicht dem Schicksal nachforschen muss.