Wie ein Seelenblick
Sybil, die Protagonistin des Romans, Die Briefeschreiberin von Virgina Evans, ist eine ältere Dame mit einer Liebe von Kindesbeinen an zum Briefe schreiben. Wir als Lesende schauen ihr dabei fast über die Schulter und erhaschen durch die privaten aufgeschriebenen Gedanken einen Seelenblick. Irgendwie habe ich während des Lesens immer wieder gedacht, eine verstaubte Briefekiste meiner Großmutter gefunden zu haben und langsam ihre Gedanken und Lebenswelt nachzuempfinden. Zunächst braucht man wirklich eine paar Seiten, um sich mit den einzelnen Adressaten vertraut zu machen, da hilft das kleine Glossar am Ende des Buches weiter. Inhaltlich nimmt uns Evans mit auf eine Lebensreise, wir erfahren wie sehr Sybil ihren Beruf als Juristin liebet, wie ihre Familie mit Schicksalsschlägen umging oder teilweise zerbrach, wie kompliziert Beziehungen sein können und welche Bücher sie oder ihre beste Freundin Rosalie lesen. Dass der Schreibstil mit E. Strout verglichen wird und auch die Protagonistinnen sich ähneln, kann ich nur bestätigen, z. B. mit ihrem unterschwelligen mithin beißenden Humor. Mir hat der Roman sehr gefallen und die besondere Schreibstilmethode sowie die etwas puzzleartige Herangehensweise an die Geschichte.