Gefühlschaos

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
_owlsbookcorner Avatar

Von

Ganz ehrlich, ich habe mich selten so schwer getan eine treffende, ehrliche und zugleich faire Rezension zu verfassen. Dieses Werk von Carsten Henn hat mich förmlich in ein Gefühlschaos katapultiert.
Es ist auf einen Seite so herzzerreisend, berührend, aufrüttelnd und schon fast poetisch, und auf der anderen Seite so unglaublich klischeebehaftet, abgedroschen, unsympathisch und unrealistisch, dass ich nicht weiß wohin mit meinen Gefühlen.

Die fast 40 jährige Kati Waldstein hat ihr bisheriges Leben satt. Nach einer gescheiterten Ehe und dem Tod ihrer Mutter, die sie vielmehr aus einer Verpflichtung, ihrem verstorbenen Vaters gegenüber, nicht verlassen hat, möchte nun endlich das alte eingefahre Leben hinter sich lassen. In 37 Briefen, die sie auf Butterbrotpapier geschrieben hat, welche ihr Vater über Jahrzehnte für sie gesammelt hat, nimmt sie Abschied von all jenen, die sie sowohl positiv, als auch negativ geprägt haben. Doch dann trifft sie auf Severin, der ihr zu verstehen gibt, dass es kein Zufall ist, dass sie zusammen gefunden haben, sondern Schicksal.

Der Schreibstil von Carsten Henn ist wirklich einmalig. Einfühlsam und wirklich zum innehalten und nachdenken. Mehr als einmal musste ich in mich gehen, Tränen zurückhalten und sogar überlegen, wem ich alles ein "Lebe wohl" schreiben würde.
Dennoch bin ich mit Kati nicht ganz warm geworden und vor allem Severin ist mir (leider) völlig unsympathisch, wenn nicht sogar schon unangenehm. Vieles in ihrer Begegnung ist sehr klischeehaft und er selbst einfach aufdringlich. Die wirklich unfassbar mitreißenden Biefe und deren Bedeutung, haben mich sehr berührt und durch dieses Werk begleitet. Die Kulisse und die Protagonisten hätten definitiv mehr Tiefgang gebrauchen können. Das Buch hat eine schöne Präsenz, vor allem in seiner Haptik. Nochmal lesen würde ich es nicht, weiter zu empfehlen ist es dennoch allemal.