Plädoyer für das Briefeschreiben

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gudrun_4 Avatar

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Wenn auch das witzige Cover eine eher heitere Erzählung erwarten läßt, so verstecken sich in der leicht und locker geschriebenen Geschichte doch einige nachwirkende Gedanken. Speziell natürlich über Eltern-Kind-Beziehungen.
Kati - eine wenig selbstbewusste Enddreißigerin - beginnt spät, aber vielleicht doch noch rechtzeitig, ihr Leben in Frage zu stellen. Sie tut das auf eine sehr skurrile Weise, indem sie Briefe schreibt und sich auf zum Teil lange zurückliegende Ereignisse - positive wie negative - in ihrem Leben bezieht. Die Briefe überbringt sie persönlich und trägt sie dem Adressaten vor. Das kostet sie Überwindung, doch sie kann sich auf ihre wohlüberlegten und präzise formulierten Gedanken verlassen.
Diese Briefe auf altem Butterbrotpapier schreibt Kati vor allem für sich selbst, um Klarheiten zu gewinnen, um Ursachen für Dinge, die nicht so gut gelaufen sind, zu erforschen.
Ihr wird beim Schreiben klar, dass ihr bisher fremdbestimmtes Leben einer radikalen Änderung bedarf.
Zufällig begegnet ihr genau in dieser für sie aufwühlenden Zeit Severin, der selbst ein zutiefst unglücklicher und suchender Mensch mit einer tragischen Vorgeschichte ist. Er verliebt sich in Kati und findet dadurch aus seiner Misere heraus. Bei Kati dauert es länger, bis sie begreift, wie wertvoll Severin für sie selbst ist, wie ihr die Gespräche mit ihm Richtung und Selbstvertrauen geben.
Doch die Lösung für sie ist nicht, jetzt einfach da zu bleiben und ihre Pläne aufzugeben.
Das letzte Viertel des Buches empfinde ich zwar als etwas chaotisch, aber durchaus konsequent, dass letztlich einige Geheimnisse durch alte Briefe aufgedeckt werden.

Fazit: Eigenwillige, aber liebenswerte Charaktere machen diese Geschichte zu etwas Besonderem, einem Plädoyer für das Briefeschreiben.

Mein liebstes Zitat: „Ein Brief war ein Gespräch, bei dem der Lesende die Geschwindigkeit bestimmte.“