Gut, aber nicht sehr gut

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rebekka Avatar

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Daniel Silva hat 21 Romane über den israelischen Geheimagenten Gabriel Allon geschrieben. Ich habe sie alle gelesen und kann deshalb sagen: Dieses Buch ist zwar immer noch besser als die Spionageromane manch anderer Autoren. Aber es gehört nicht zu Silvas Meisterwerken.

Sicher, er ist hier auf der Höhe der Zeit. Von der Corona-Pandemie über die Ermordung eines Kreml-Kritikers mit Nervengift und die Ausbeutung des russischen Staates durch die Kleptokratie in Moskau bis hin zu Trumps Märchen von der gestohlenen Präsidentschaft sind viele Aufreger enthalten, die die Welt in den letzten beiden Jahren in Atem hielten.

Doch obwohl Silva immer noch eine schnörkellose, gut lesbare und spannende Schreibe hat, habe ich an diesem Buch einiges zu kritisieren. Da sind zum einen die schon aus anderen Allon-Romanen bekannten Versatzstücke: Clevere und in ihrem Metier bewanderte junge Frau, die keinerlei Erfahrung als Geheimagentin hat, muss sich undercover bei einem Verbrecher einschleichen (siehe „Die Attentäterin“oder „DasTerrornetz“). Wie schon in „Der Drahtzieher“ werden auch in diesem Buch die Planungen des israelischen Teams detailliert beschrieben. Und zwar so ausführlich, dass man als Leser ins Gähnen gerät und ungeduldig darauf wartet, dass sie endlich umgesetzt werden, damit ein wenig Schwung in die Handlung kommt. Jeder dieser Spezialisten ist absolut fehlerfrei, alle sind Koryphäen auf ihrem Gebiet und ihre Vorhaben gelingen ausnahmslos. Das ist mir zu glatt und zu unrealistisch. Dass ich die finanziellen Transaktionen, mit denen die Russen um ihr Geld gebracht werden, nur halbwegs verstanden habe, laste ich Silva allerdings nicht an: Ich habe einfach kein Interesse an Wirtschaftsthemen und auch keine Lust, mich damit zu befassen.

So sehr ich die Bücher um Gabriel Allon geliebt habe, bin ich nach diesem Band doch der Meinung: Vielleicht sollte ihn Daniel Silva jetzt tatsächlich in den wohlverdienten Ruhestand schicken und ihm erlauben, mit seiner Familie als Restaurator nach Venedig zu ziehen. Bestimmt findet er einen neuen Protagonisten für eine weitere Buchreihe. Die würde ich dann mit großer Begeisterung wieder lesen.