Dame Edith Sitwell

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giselle74 Avatar

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Die Bücher des Wunderraum Verlags sind eigentlich alle hübsch. Es sind sozusagen Wohlfühlbücher für Leseratten. Fest gebunden mit Lesebändchen, einem zum Thema passenden Cover und Vorsatzband, das lässt Augen leuchten.
Noch mehr Glanz bekamen meine Augen allerdings bei diesem Roman beim Lesen des Klappentextes. Es geht um Dame Edith Sitwell, eine der größten britischen Schriftstellerinnen ihrer Zeit, exzentrisch, spitzzüngig, eine Ikone.
Geboren 1887 auf Renishaw, einem Herrenhaus in Yorkshire, als Tochter eines Baronet, wächst sie in gesicherten, aber lieblosen Verhältnissen auf. Von der Mutter ob mangelnder Schönheit verachtet, vom Vater wegen ihres freien Geistes kritisiert, blüht sie erst mit 25 Jahren nach einem Umzug nach London auf, wo sie sich mit ihrer Gouvernante eine Wohnung teilt. Sie bekommt Kontakt zu anderen Künstlern, veröffentlicht erste Arbeiten. Es folgen Ruhm und Anfeindungen, ein wechselvolles Leben, das 1964 endet.
Diesem Weg folgt auch der Roman, aber aus Sicht einer fiktiven Bediensteten, einer Art Kammerzofe. Eigentlich keine schlechte Wahl, denn näher hätte kaum eine Person der privaten Edith Sitwell kommen können. Eigentlich deshalb, weil das Buch selbst leider einer Edith Sitwell wenig gerecht wird. Das hat sie wahrlich nicht verdient, Bestandteil eines seichten Downton Abbey-Abklatsches zu werden. Und eine derart naive, aber von sich eingenommene Person wie diese Jane Bannister hätte sie wohl auch kaum zu ihrer Vertrauten gemacht.
Warum ist das eigentlich so, dass "Literatur für Frauen" so häufig hinter ihren Möglichkeiten zurück bleibt und sich lieber mit der xten Beschreibung einer Perlenkette abgibt? Es ist ja logisch, dass ein Dienstmädchen damaliger Zeit keine hohe Literatur schreibt, aber muss das Ganze denn so platt klingen, so vorhersehbar, so austauschbar? Der Roman hangelt sich am Leben der Protagonistin entlang, kein Charakter ist ausgearbeitet, vielmehr besteht er aus name dropping und dazu passenden Anekdötchen. Tiefgang? Fehlanzeige.
Dabei wäre das Potential ja da gewesen. Wie geht es einer Bediensteten mit einer so ungewöhnlichen Herrin? Wie geht sie damit um, einerseits berühmte Künstler kennenzulernen und andererseits jederzeit Tee servieren zu müssen? Wie ist es, ein Leben lang nur am Rand zu stehen und dem Getümmel zuzusehen?
Schlußendlich ist Jane nur das Vehikel, um über Dame Edith Sitwells Leben zu plaudern. Das ist mir persönlich einfach zu wenig. Zumal da jede Biographie aufschlußreicher ist.