Eine ungewöhnliche Frau

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natascha Avatar

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„Die Dame hinter dem Vorhang“ schildert das Leben der englischen Dichterin Edith Sitwell, eine enigmatische Persönlichkeit ihrer Zeit. Da ich bisher noch nichts von ihr gehört hatte und mich sehr für weibliche Autorinnen früherer Epochen interessiere, war ich äußerst gespannt, von ihr zu lesen. Geschildert wird der Roman aus Sicht ihrer Gesellschafterin, Jane Bannister, bei der es sich um einen fiktiven Charakter handelt. Jane blieb für mich als Charakter eher blass, was aber vermutlich auch beabsichtigt ist, da sich das Buch vor allem um die exzentrische Persönlichkeit Edith Sitwell dreht. Auch wenn sie aus einer Adelsfamilie stammt, plagen sie ihr ganzes Leben über Geldsorgen, da sie entschlossen ist, sich ausschließlich ihrer Dichtkunst zu widmen.
Auch wenn sie Teil der gehobenen Gesellschaft ist, bleibt sie zeitlebens im tiefsten Innern einsam und zerrissen. Bereits als Kind wurde sie nicht aktzptiert wie sie ist. So ließ ihr Vater sie in ein Metallgerüst spannen, um ihren krummen Rücken zu richten. Diese prägenden Erfahrungen begleiten Edith ihr Leben lang, die bei all dem Glamour in ihrem Leben kaum jemals einen anderen Menschen wirklich an sich heranlässt.
Leider hatte ich beim lesen des Buches öfter das Gefühl, dass es sich in Schilderungen verliert. Durch den Blickwinkel der Gesellschafterin blieb manches außen vor und ein wirkliches Eindringen in die Gedankenwelt dieser interessanten Frau war nicht möglich. Interessant fand ich hingegen, dass Jane die Dichterin eher in ihren dunkleren Stunden erlebt hat. Auch das Verhältnis zwischen den beiden Frauen fand ich interessant. Auch wenn Jane Ediths engste Vertraute ist, bleibt sie doch immer in der Rolle der Dienerin und wahrt ihre Distanz. Leider führt das automatisch dazu, dass man auch als Leser auf Distanz gehalten wird. Echtes Einfühlen in die Situation der Edith Sitwell war dadurch für mich leider nicht nötig. Meine Neugier auf die ungewöhnliche Dichterin ist aber in jedem Fall geweckt.