Spannungsfrei

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Der Titel dieses vor sich hin plätschernden Buches ist so passend gewählt, wie es selten trifft. Der Leser wird in die Welt der Edith Sitwell entführt und nimmt durch die Augen ihres Hausmädchens an dem Leben der Dichterin teil. Wir erleben eine Alltagsschilderung einer Bohème Dame der 1930er Jahre bis zu ihrem Tod 1964. Ihre Macken, ihre Vorlieben, ihre Exzentrik, ihre Freunde, ihre Feinde, ihren ewigen Kampf ums Geld und die Beziehung zu ihren Eltern und Geschwistern.
Das mit den Jahren unentbehrlich gewordene Hausmädchen Jane entpuppt sich dabei als genaue Beobachterin. Sie kommentiert und analysiert das Geschehen und das Verhalten ihrer Dame Edith. Dabei stets auf deren körperlichen und geistigen Wohl bedacht, hält sie die lästigen Pflichten des Alltags von ihr fern. Auf eine herzliche, aber auch treffsichere Art weiß sie sich zwischen den exotischen Gestalten um Dame Edith herum zu behaupten.

Was mir bei der Lektüre dieses Romans aufgefallen ist, ist, dass der Blick wirklich fast ausschließlich hinter den Vorhang gerichtet ist. Was dort geschieht soll also in Abgrenzung zu dem Leben vor dem Vorhang stehen. Um diesen Kontrast stärker zu betonen, wäre es unerlässlich gewesen, auch das Leben vor dem Vorhang, dasjenige im Rampenlicht, zu beschreiben. So wäre es dem Leser deutlicher gemacht worden, in welchem Zwiespalt so eine Person sich bewegt. Tatsächlich finden sich immer nur schemenhafte Streiflichter zu dem Leben in und um Publikum herum. Das ist meiner Meinung nach zu dünn, um die Bedeutung des banalen Alltags zu begreifen. Die Dissonanz hätte stärker herausgearbeitet werden sollen. So bleibt das Buch auf der Ebene eines unterhaltenden, oberflächlichen Romans. Die Darstellung der zweifellos vorhandenen Spannungen zwischen Rampenlicht und Wohnstube hätten der Geschichte Dynamik verliehen, die ihr so fehlt. Schade.