Ein Schmöker

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wal.li Avatar

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Fred hat es geschafft. Sie ist die erste in der Familie, die studiert hat, Jura. Und sie hat noch etwas geschafft, sie ist Konsulin im diplomatischen Dienst. Mit knapp Fünfzig, eine steile Beamtenkarriere. Ihr Einsatz in Montevideo ist so schön, dass es eher langweilig ist. Doch als eine deutsche Touristin stirbt, fühlt es sich wie ein Versagen an. Sieht das auch ihr Arbeitgeber so? Jedenfalls wird sie nach Istanbul versetzt. Das liegt jedenfalls mehr am Geschehen. Ein Fortschritt allerdings, der sich als trügerisch erweisen kann. Das muss Fred ziemlich schnell feststellen als sie versucht, einen türkischstämmigen jungen Mann mit deutschem Paß vor dem Gefängnis bewahren will.

Ein wenig erinnert diese Diplomatin an die TV-Diplomatin. Auch sie mischt sich ein, hat Ideale und eine gewisse Vorstellung vom diplomatischen Dienst. Allerdings kommt Fred nicht umhin zu merken, dass sich ihre Vorstellungen nicht immer in der Wirklichkeit widerspiegeln. Schon bei dem Vorfall in Montevideo, wo sie sich etwas unglücklich anstellt, spürt sie einen kleinen Knacks. Richtig auf die Probe gestellt werden ihre diplomatischen Fähigkeiten, die sie am liebsten manchmal für deutliche Worte über Bord werfen würde, jedoch in Istanbul, wo die Politik entscheidet, wer als Terrorist angesehen wird.

Ein Schmöker, sagt Elke Heidenreich. Und das ist natürlich ein Grund, das Buch sofort in die Hand zu nehmen, welches einem gerade bei der Bücherei zwischen die Finger geraten ist. Auch wenn man sich unter einem Schmöker vielleicht etwas anderes vorstellt, ist dieser Roman doch sehr spannend. Für einen Schmöker mangelt es ein wenig an Leichtigkeit und undiplomatischer Krimihandlung. Dafür bekommt man einen interessanten Einblick in den diplomatischen Dienst und einen Eindruck von den kafkaesken Verhältnissen in einem gewissen Land, wenn es darum geht, unliebsame Menschen weg zu sperren. Natürlich entscheiden dann nicht Tatsachen über den Status, sondern der politische Wille. Dass die Diplomatin beginnt, an ihrem Beruf zu zweifeln, ist irgendwie kein Wunder. Ein Stück möglicher Wirklichkeit mal aus einer ganz anderen Perspektive. Man kann gut nachvollziehen, dass das Buch Elke Heidenreich gefallen hat.