Fast beiläufige Beschreibung des Lebens als Diplomatin

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leseclau Avatar

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Die Sprache des Buches – dieses fast beiläufige Berichten über den Alltag – hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ich bin auch unglaublich schnell durch die Kapitel geflogen, weil ich immer dachte, da muss doch noch was kommen. Doch dieses etwas blieb leider aus, so dass mich das Buch etwas zwiegespalten zurücklässt.

Wir lernen Fred – eine deutsche Diplomatin – in Montevideo kennen, wo sie gerade ihre Stelle als Botschafterin angetreten hat. Mit sehr feinen Worten wird der Spagat zwischen harmlosen Smalltalk („Ich knöpfte meine Bluse zu, stürzte den Riesling hinunter und ging repräsentieren in einem fernen Land…“ ) und diplomatischem Geschick („Noch am selben Abend schickte ich einen Bericht nach Berlin, drei neutrale Sätze,… CYA in Reinform“) beschrieben. Von diesem Teil hätte ich so gerne noch mehr gelesen. Ich bin das erste Mal in die Welt einer Botschafterin eingetaucht und fand das äußerst interessant beschrieben.

Fred stößt bereits in Uruguay an die Grenzen ihres Berufs. Versetzt nach Istanbul wird noch deutlicher, dass ihre Macht und ihre Möglichkeiten Grenzen haben („Du verlierst die Nerven Fred. Es sind nicht die Nerven, glaub mir…. Ich verliere nur die Geduld…als hätte ich nicht mehr die Kraft zu warten“). Sie beginnt zu zweifeln und agiert zunehmend nach ihren eigenen Regeln. Es ist spannend zu lesen, wie jemand ständig seine Ideale hinterfragen muss. Und es war bedrückend zu erfahren, wie einsam Fred letztendlich trotz aller diplomatischen Kontakte ist und wie die Wurzeln verloren gehen, wenn man permanent in der Welt unterwegs ist.

Ich glaube, dass hier eine sehr realitätsnahe Beschreibung der Arbeit als Diplomatin gezeichnet wird. Ich hätte das gern noch ausführlicher erfahren. Vielleicht entwickeln aber auch gerade die kurzen Sequenzen genau die Stärke des Buchs.