Ist so das Leben als Diplomat:in?

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Autorin Lucy Fricke nimmt uns in ihrem an wahren Gegebenheiten orientierten Roman „Die Diplomatin“ mit in das Leben der Botschafterin Friederike Andermann, kurz Fred genannt. Auf gut 250 Seiten nehmen wir am diplomatischen Leben der Protagonistin teil, die zunächst deutsche Botschafterin in Uruguay und dann im diplomatischen Dienst in der Türkei arbeitet. Sie ist Ende 40, Botschafterin und muss sich in Uruguay unter anderem um die Würstchen beim Empfang am Tag der deutschen Einheit kümmern. Sonst passiert in ihrem Job nicht viel. Bis eine junge deutsche Frau verschwindet und die Botschafterin handelt bzw. nicht handelt. Nach Diplomatenleben klingt das alles nicht. „Strafversetzt„ nach Istanbul gerät Fred wieder in Schwierigkeiten. Es geht um einen Inhaftierten in der Türkei, den die Bundesrepublik frei sehen möchte. Immer mit im Spiel ist ein Journalist, den Fred besser kennen lernt. Dieses Buch hat viel Lob bekommen, auch wegen seiner Realitätsnähe. Es ist ein gutes Buch, unbestritten. Man erkennt, es ist nicht alles glamourös im Leben der Botschafter:innen. Und die Arbeit stößt schnell an Grenzen, seien es rechtliche oder faktische. Hilflose Diplomat:innen gefallen grundsätzlich nicht, weil wir in unserer Gesellschaft auf konsensuale Lösungen sozialisiert sind. Dieses Wunschbild zeichnet uns die Autorin nicht, das ist das Gute an dem Buch. Eine emotionale Bindung an Fred hat sich bei mir nicht eingestellt. Ich vermute, dies wollte Fricke mit ihrem Schreibstil, der absolut unprätentiös ist, auch beabsichtigen. Das Lesen des Buches ist lohnenswert, aber zu viel darf man nicht erwarten.