Unsere Werte und die Welt

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miltonia 01 Avatar

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Da stellt man sich das Leben als Diplomat so glamourös vor, an wunderbaren exotischen Orten, aber immer im sicheren Schutz der Diplomatie und mit allen deutschen Werten um sich herum, die einem wichtig sind. Und dann besteht die Aufgabe hauptsächlich daran, den Nationalfeiertag möglichst ökologisch und politisch korrekt so zu organisieren, dass aber auch die einheimische Bevölkerung das abbekommt, was sie an Deutschland schätzt, z. B. deutsche Wurst.

Fred Andermann, Anfang 50, hat ihre Illusionen im Laufe ihrer Diplomatenkarriere längst verloren. Sie weiß, wie sie sich auch gegen ihre eigenen Vorgesetzten am besten absichert, vertraut keinem und niemanden und kommt an ihre letzten Station Istanbul trotzdem an ihre Grenzen. Sie sieht, wie Recht und Gesetz mit Füßen getreten wird, jeder, auch mit einem deutschen Pass absolut der Willkür der Regierung ausgesetzt ist und sieht auch, dass ihr und ihren Kollegen die Hände komplett gebunden sind. Die Menschen werden in diesem Despotensystem zerrieben und sie kann so gut wie nichts tun. Bis sie dann doch etwas tut.

Man sieht in diesem Buch ganz deutlich, wo die Grenzen unserer diplomatischen Bemühungen liegen und wie wenig unsere Werte zählen. Diese sind für den übergrößten Teil der Erde nicht logisch, nicht verständlich, nicht erstrebenswert und werden daher auch nicht anerkannt und respektiert. Der Tanz geht nur so lang gut, wie man sich von Deutschland finanzielle Hilfen und Vorteile verspricht und so gut wie immer auch erhält. Bis sich die andere Seite vom Bruch aller Regeln die größeren Vorteile verspricht und das sieht man ja tagtäglich in den Nachrichten.

Dass dies für unsere Diplomaten und Botschaftsangehörigen sehr zermürbend und frustrierend sein muss, liegt auf der Hand und das wird aus diesem Buch sehr deutlich.

Zudem liest sich der Roman wirklich spannend, lediglich das etwas offene Ende hat mir nicht so gut gefallen. Deshalb sehr gute 4 Sterne von mir.