(K)ein Engel auf Erden

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fornika Avatar

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Bobby Dollar ist ein Engel. Doch keiner mit Flügeln, Harfe und verklärtem Blick. Er streift auch nicht über grüne Wiesen irgendwo im Himmelreich, sondern durch die dunklen Gassen von San Judas. Dort betätigt er sich als Anwalt für die Frischgestorbenen, die müssen nämlich direkt nach ihrem Tod erst mal ein Gerichtsverfahren um ihre unsterbliche Seele bestehen. Gegenspieler Bobbys sind Anwälte der Hölle. Zwielichte, hinterhältige Gestalten. Kein Wunder also, dass die erst mal in Verdacht geraten als die Seele eines Verstorbenen einfach so verschwindet. Doch was steckt wirklich dahinter?

Tad Williams hat mich mit diesem Trilogieauftakt restlos begeistert. Er entwirft ein sehr ansprechendes, plastisches und überzeugendes Himmel-Hölle-Szenario, für dessen Einführung er sich lange Zeit nimmt. Seine Beschreibungen lassen eine interessante Parallelwelt entstehen, die sich hervorragend in die realen Gegebenheiten einfügt. Auch seine Figuren sind dem Erzähler sehr gut gelungen, allen voran Bobby Dollar, der mich mit seiner sympathischen Art direkt überzeugt hat. Er ist mitnichten ein „Engel“ in der landläufigen Bedeutung, hat so seine Fehler und Macken und natürlich auch einen gewissen Hang das Establishment – naja, sagen wir mal vorsichtig – zu umgehen. Ein sehr großer Sympathieträger, dem man gerne durch die Seiten folgt. Aber auch alle anderen Figuren, egal ob sie einen großen oder kleinen Part der Story ausmachen, sind fantasievoll und dreidimensional gestaltet. Die Handlung entwickelt sich sehr spannend, sodass einen nicht nur Williams‘ Erzählstil und Humor, sondern auch ein knallharter Kriminalfall an die Seiten fesselt. Obwohl es sich um Band eins der Trilogie handelt, ist die Handlung für sich gut abgeschlossen, man wird nicht mit endlosen Cliffhangern in der Luft hängen gelassen. Trotzdem ist meine Neugier geweckt und Band 2 wird sicherlich bald gelesen werden wollen.