Roman mit Sogwirkung

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readaholic Avatar

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Die 22jährige Alex ist ständig auf der Suche nach einem Sugardaddy, der sie aushält. Momentan geht es ihr gut: sie verbringt den Sommer mit dem wesentlich älteren Simon auf dessen Luxusanwesen in den Hamptons, wo die Reichen und Schönen der Ostküste ihre Sommer verbringen. Als Gegenleistung ist sie ihm stets sexuell zu Diensten, sie passt sich seinen Stimmungen und Neigungen an wie ein Chamäleon.
Tagsüber arbeitet Simon, während sie die endlosen heißen Tage am Pool oder Strand verbringt, abends gehen sie zu Partys, bei denen die Gastgeber sie oft spüren lassen, dass sie genau wissen, welche Sorte Frau sie ist und sie entsprechend herablassend behandeln. Gerne lässt sie bei diesen Gelegenheiten etwas mitgehen und durchsucht die Badezimmer der Gastgeber nach Schmerzmitteln und anderen Medikamenten. Bei einer dieser Partys leistet Alex sich einen Fauxpas und Simon hat genug von ihr. Er setzt sie vor die Tür, doch wo soll sie hin? Zurück in die Stadt ist keine Option, denn auch aus ihrer WG ist sie geflogen, da sie monatelang keine Miete bezahlt hat. Ihr letzter Sugardaddy, Dom, ist sauer auf sie, da sie ihn um eine große Summe Geld und Drogen erleichtert hat. Er bombardiert sie mit Anrufen, die sie jedoch ignoriert. Allerdings lebt sie in ständiger Angst, er könnte sie ausfindig machen.
So streunert sie obdachlos und auf der Suche nach einem neuen Opfer durch die Gegend. Sie ist eine Meisterin der Manipulation und weiß genau, wie sie am besten zu ihrem Ziel kommt. Dabei geht sie äußerst skrupellos vor. Empathie ist ihr fremd. Es ist ihr egal, wenn sie andere in Schwierigkeiten bringt. Man erfährt nichts über Alex‘ früheres Leben, wieso sie so wurde, wie sie ist. Irgendwann hatte sie einen Job, was ist passiert? Wann und warum hat sie beschlossen, sich zu prostituieren? Obwohl Alex, die permanent zugedröhnte und kleptomanisch veranlagte Schmarotzerin alles andere als eine sympathische Protagonistin ist, hat ihre Geschichte eine Sogwirkung auf mich ausgeübt, die sich wie ein Thriller liest. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, zu Simon zurückzukehren. Eine Woche nach ihrem Rauswurf gibt er eine große Labor Day Party, jetzt gilt es nur, die Zeit bis dahin zu überbrücken, dann wird er sie schon wieder aufnehmen.
Das Ende des Romans ist offen, was mich nach all der Spannung und der Erwartung einer Auflösung ziemlich unbefriedigt zurückgelassen hat. Emma Clines Vorgängerwerk „The Girls“ konnte mich nicht ganz überzeugen, „Die Einladung“ hat mich gefesselt. Allerdings hätte ich eine wörtliche Übersetzung des Originaltitels „The Guest“ sehr viel passender gefunden. Ein äußerst spannender Roman über eine überaus unsympathische Protagonistin.