Von Grenzen und Manipulation

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missmarie Avatar

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"Die Leute waren die Sorte Mensch, die annahm, dass es Regeln gab, die glaubten, dass sie, wenn sie sie befolgten, sie eines Tages belohnt würden. Und hier war Alex, nackt in ihrem Pool."

Alex, die Protagonistin in Emma Clines zweitem Roman "Die Einladung" macht sich einen feuchten Dreck aus Gepflogenheiten, sozialen Codes und Anstand. Zwar wird im Verlauf des Romans nicht ganz klar, aus welchen zwielichtigen Gefilden sie stammt. Doch ihr Beruf ,,vor Simon" muss irgendwo zwischen Escorte und Prostituierter gelegen haben. Immer wieder tauchen Erinnerungen auf, in denen es um Hotelbars, Männer, Kreditkarten, Drogen und Sex geht. Aber nun hat es Alex irgendwie geschafft, mit Simon - einem älteren Geschäftsmann - in die Hamptons zu fahren und bei ihm zu wohnen. Zwar erhält sie immer wieder Drohanrufe von einem ominösen Dom, doch eigentlich geht es ihr bei Simon sehr gut. Bis sie es zu weit treibt und vor die Tür gesetzt wird. Doch statt zurück in ,,die Stadt" zu fahren, beschließt sie, sich auf Long Island durchzuschlagen, Denn in nicht einmal einer Woche, am Labour Day, gibt Simon eine große Party. Und erwartet er nicht, sie dort zu sehen? Und so beginnt Alex, eigentlich Obdach- und mittellos, sich durchzuschlagen und als Überlebenskünstlerin unter den Reichen und Schönen zu verweilen.

,,Die Einladung" macht in erster Linie ziemlich viel Spaß. Alex ist ein Charakter, dem man von Anfang an mit Misstrauen begegnet und dessen moralische Verwerflichkeit schnell ans Licht kommt. Sie ist hoch manipulativ. Aber genau deswegen, ist der Roman so spannend. Wie weit kommt sie damit? Wie lange wird es dauern, bis doch jemand ihr Schmarotzertum entdeckt? Faszinierend ist dabei vor allem: Selbst wenn Alex auffliegt. macht sie einfach beim nächsten unschuldigen Opfer weiter. Auch wenn man selbst nie so handeln würde wie die Figure, ist es richtig unterhaltsam sich mit ihr Seite für Seite durch die Woche bis zur Party zu kämpfen. Das Ende gibt des Romans ist überragend, kann hier allerdings ohne zu spoilern nicht näher beschrieben werden. Nur so viel sie gesagt: Man bekommt große Lust, gleich noch einmal von vorne mit dem Lesen zu beginnen und nach den kleinen Zeichen zu suchen, die die unzähligen Hypothesen bestätigen, die man sich nach Beendigung des Romans überlegt hat.