Eher emotionslose Erzählung über die Frau, die die Weltgeschichte hätte verändern können

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
buchstabengeflüster Avatar

Von

Hedwig Kiesler ist 18 Jahre alt als sie nach einem eher gewagten Film als „Sisi“ im Theater an der Wien bekannt wird. Dadurch wird auch ein Mann auf sie aufmerksam, der sie bald umwirbt. Fritz Mandl ist einer der einflussreichsten und vermögendsten Männer Österreichs, sowie Waffenhändler. Doch obwohl sich Hedy in den älteren Mann verliebt, wird ihre Ehe doch nicht glücklich, weil er über sie herrscht und als hübsches Accessoire nutzt. Dabei spielt sie aber die glückliche Ehefrau und formvollendete Gastgeberin und begegnet vielen einflussreichen Herren, wie Mussolini und später auch Hitler. Nach einigen Jahren flüchtet sie nach Amerika und wird unter dem Namen Hedy Lamarr berühmt, vergisst ihre Heimat und deren politischen Lage jedoch nie. Diese Romanbiographie erzählt von Hedys Leben als sie 1933 eine junge Frau in Wien ist bis zum Jahr 1942 in Amerika.

In den ersten zwei Dritteln des Buches erleben wir Hedy als Fritz‘ Ehefrau. Die Autorin berichtet ausführlich von deren Privatleben und den Geschäftsessen, die sie gekonnt miteinander verflicht. Dadurch erhalten wir Leser/innen entsprechend der Zeit auch einen tiefen Einblick in die Geschichte Österreichs, was ich sehr interessant fand. Wir erfahren von der sich ändernden politischen Lage des Landes, bis es ein Teil des dritten Reichs wurde.

Ich habe bisher noch nie von Hedy Lamarr gehört, die nicht nur Schauspielerin war, sondern auch einige Erfindungen entwickelt hat. Die wahre Persönlichkeit hat mich sehr beeindruckt und es ist zu schade, dass sie immer nur als die hübsche Frau galt und nicht ernst genommen wurde. Ich bin mir unsicher, wie sympathisch sie mir ist, weil ihre Gefühlswelt in diesem Buch eher untergeht. Die Autorin beschreibt Hedys Rolle perfekt, aber mehr als die Ehefrau des reichen Waffenhändlers sieht man beim Lesen leider oft nicht, obwohl ihre Geschichte in der Ich-Perspektive erzählt wird. Ich hätte mir öfter Einblicke in ihre Gefühle und Emotionen gewünscht, so hat man auch als Leser/in fast nur die Rolle gesehen, die sie stets verkörpert hat, ohne in bestimmten Situationen hinter die Fassade blicken zu können. Insbesondere in den Kapiteln ihres Lebens in Amerika wurden wichtige Momente nur kurz und mit wenigen Emotionen abgehandelt. Auch ihre Leidenschaft für Technik und Tüfteleien tauchen erst im letzten Drittel des Buches auf, wodurch ich ihren Erfindergeist oft nicht mit der erfolgreichen Schauspielerin in Einklang bringen konnte.

Marie Benedicts Anmerkungen am Ende des Buches verdeutlichen nochmals, wie wenig Beachtung Hedy und ihre kriegsverändernde Erfindung gefunden haben. Ich finde es sehr erschreckend, dass die Technologie nicht im zweiten Weltkrieg, jedoch heutzutage sehr oft genutzt wird. Die technikaffine Schauspielerin hat leider erst sehr spät in ihrem Leben Anerkennung für ihre Erfindungen erhalten.


Fazit:
„Die einzige Frau im Raum“ war nicht nur eine erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch eine talentierte Erfinderin. In den ersten beiden Dritteln steht die Ehe mit dem größten Waffenhändler Österreichs und dessen politischen Lage im Vordergrund. Die Emotionen von Hedy und ihre Zeit in Amerika kommen insgesamt etwas zu kurz. Dennoch ist dies eine anschauliche und interessante Romanbiographie über Hedy Lamarr, die nicht nur durch ihre Filme unterhalten konnte, sondern auch viel positiven Einfluss auf die Welt hätte nehmen können, wenn sie gedurft hätte.
4,5 Sterne