Jo van Gogh-Bonger

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Wer kennt ihn nicht – Vincent van Gogh. Er und seine Werke sind weltberühmt, ein echter van Gogh ist für uns Normalsterbliche zwar nicht erschwinglich und doch findet man seine Motive auf allen nur erdenklichen Artikeln. Zu seinen Lebzeiten konnte er nicht von seiner Kunst leben, er war mittellos und ist geistig verwirrt gestorben. „Die Entflammten“ erzählt aber nicht seine Geschichte, zumindest nicht vordergründig, es ist die seiner Schwägerin. Jo van Gogh-Bonger war mit Vincents Bruder Theo verheiratet, nach seinem frühen Tod (Vincent war vor ihm gestorben) nahm sie sich seiner Bilder an. Sie hatte ein Händchen dafür, organisierte Ausstellungen und war damit sehr erfolgreich. Vincent van Goghs Werke sind heute sehr begehrt, seine Kunst wird global anerkannt.

Simone Meier erzählt von zwei Frauen – von Jo und von der Kunsthistorikerin Gina, die über hundert Jahre später auf das Leben und Wirken der Jo van Gogh-Bonger aufmerksam wird. Und so beginnt Gina, alles über Jo zusammenzutragen.

Jos Geschichte hat mich sofort gefesselt. Bald nach ihrer Heirat mit Theo wird ihr bewusst, dass sein älterer Bruder Vincent zu seinem Leben gehört, er finanziert nicht nur seine Farben, nein. Er sorgt dafür, dass Vincent sich seiner Malerei widmen kann, Theos Einkommen in der Galerie muss einfach für sie alle reichen. Nachdem Vincent tot ist, wird auch Theos Gesundheitszustand immer schlechter, er stirbt jung und hinterlässt Frau und Kind. Jo bleiben die Gemälde ihres Schwagers, diese Hinterlassenschaft verwandelt sie mit viel Geschick zu einer Erfolgsstory.

Auch lese ich von Gina, deren Vater einst einen Roman schrieb. Zwar viel beachtet, aber doch nicht der monetäre Erfolg, der ihm vorschwebte. Und doch versucht er sich seitdem an ein Nachfolgewerk, das ihm aber nicht gelingen mag. Er animiert jedoch seine Tochter, an der Geschichte der Jo van Gogh-Bonger dranzubleiben.

Im Wechsel erfahre ich von beiden Frauen, wobei Gina direkt erzählt und sie dann über Jo berichtet. Diese beiden Erzählstränge gehen gefühlt nahtlos ineinander über, was mir anfangs ein wenig Schwierigkeiten bereitet hat. Bald aber war ich im Lesefluss, wobei mir Jos Geschichte sehr zugesagt, die von Gina mich dagegen nicht recht abgeholt hat. Zwischendrin unterhalten sich die beiden Frauen miteinander. Diese Dialoge über die Jahre hinweg sind sehr reizvoll, es ist eine ganz besondere Finesse des Erzählens. Auch lässt die Autorin den Bau des Eiffelturms mit dem Drumherum der damaligen Zeit mit einfließen und natürlich gehören auch die Maler dieser Epoche dazu wie etwa Gauguin oder Degas.

„Die Entflammten“ proträtiert eine zupackende Frau, die mir bis dato unbekannt war, deren Leben und Wirken äußerst interessant und kurzweilig dargeboten wird. Ich hätte noch sehr viel mehr von Jo lesen mögen, Ginas Part dagegen hätte mir in Kurzform gereicht.