Von der Frau, die van Gogh aus Vincent machte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
räuberin Avatar

Von

Zugegeben ist van Gogh aus genau dem Grund nicht gerade einer meiner Lieblingsmaler, wegen dem auch die Protagonistin Gina so ihre Probleme mit ihm hat: Er ist eine regelrechte Marke, sogar Leute, die nichts mit Kunst anfangen können, kennen seinen Namen – sein Werk ist so kommerzialisiert, dass auf Regenschirmen, Postkarten, Fußmatten und allerlei anderen Gegenständen seine Gemälde aufgedruckt sind. Und in "Die Entflammten" erfahren wir, wie es dazu kam ...
In Simone Meiers Buch lernen wir zunächst Gina kennen, angehende Kunsthistorikerin mit in einer Krise steckendem Schriftsteller zum Vater, die besagten Vater besucht und sich eigentlich in einer wissenschaftlichen Arbeit mit der Schwägerin von Vincent van Gogh, Johanna van Gogh-Bonger, beschäftigen möchte. Doch die Geschichte von Johanna, genannt "Jo", wächst sich zu mehr aus und lässt Gina nicht mehr los.

Die Perspektive, die in "Die Entflammten" aufgemacht wird, ist sehr interessant: Hinter großen, bedeutenden Künstlern stecken ja allzu oft unbekannte Frauen, die den Männern auf dem Weg zum Ruhm beigestanden haben, aber in Jos Fall ist es besonders. Wir sind sehr nah an Jo dran, erfahren von ihren Gefühlen, ihren Erlebnissen als Frau von Vincent van Goghs Bruder und wie sie nach dem Tod ihres Mannes beschloss, ihrem Schwager posthum zum Ruhm zu verhelfen.
Verwoben wird Jos Geschichte mit Ginas Ringen um einen eigenen Weg, ihren Umgang mit ihrem Vater und ihrer eigenen Familiengeschichte. An manchen Stellen wird die Perspektive übergangslos gewechselt, man verliert zwischendrin den Überblick, um wen es nun geht – Jo, Gina, Gina, Jo – herrlich!

Das wunderschöne Buchcover trägt zusätzlich dazu bei, dass ich Lust hatte, mich mal wieder intensiver mit van Goghs Werk zu beschäftigen – und wer weiß, vielleicht auch noch mehr über ihn, seinen Bruder Theo und seine Schwägerin Jo zu lesen.