Ein lustiges aber auch nachdenklich machendes Erstlingswerk

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bookish_rat Avatar

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Nach dem Erstleseeindruck vor ein paar Wochen dachte ich erst, dass Tarkan Bagci hier eine schräge Begegnung zwischen einem jungen Journalisten und einer älteren Dame beschrieben hat – mehr nicht. Dass dahinter sehr viel mehr steckt, als nur eine einfache „Story“ hat mich sehr überrascht und im Endeffekt nachhaltig vom Autor überzeugt.

In der Geschichte geht es um den jungen Lokaljournalisten Timur Aslan, der es satt hat, irrelevante Persönlichkeiten aus seinem Heimatort in den Himmel zu loben, und will raus in die Freiheit – in die nächste Großstadt, um dort auch an großen Storys zu schreiben. Auf der Suche nach einer Persönlichkeit, die er portraitieren kann, stößt er auf die ältere Dame Annette, die, wie Timur bald erfährt, ein Geheimnis hat. Gemeinsam machen sich die beiden auf eine Reise in die Vergangenheit und starten einen Road Trip in die Schweiz.

Was mir am Roman sehr gefiel, war vor allem die Hauptfigur Timur, die ich sehr sympathisch (wenn auch etwas passiv) fand. Besonders seine Familienhintergründe, die immer wieder thematisiert werden, wie auch die Beziehung zu seinem Vater fand ich teilweise sehr rührend.
Was mir ebenfalls sehr gefiel, war die Vielschichtigkeit des Romans. Es geht in dem Buch nicht nur um den Journalismus und die Koste-es-was-es-wolle-Kultur, die mit ihm einhergeht, sondern es geht auch um Alltagsrassismus, Ageism und auch in gewisser Weise um Emanzipation. Dass Tarkan Bagci so viel auf nur ca. 250 Seiten untergebracht hat (und dabei wohl auch sehr viel von sich), fand ich sehr beeindruckend.
Was mir weniger gefiel, war, dass so manches aus der Geschichte etwas vorhersehbar war (auch wenn ich den Twist nicht erahnen konnte). Auch hätte Timur wohl viele Dinge, die ihm an der Geschichte komisch vorkamen, etwas mehr in Frage stellen sollen.

Alles in Allem mochte ich das Leseerlebnis und auch den Schreibstil des Autors sehr gerne.
Ich freue mich schon auf Tarkan Bagcis nächstes Werk!