Schein und Sein

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emmmbeee Avatar

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Timur Aslan, 20, lebt bei seinem Vater. Er hat noch nicht gefunden, was und wohin er im Leben überhaupt will, beneidet aus der Ferne seine anscheinend erfolgreichen Kollegen und quält sich mit dem einen Artikel herum, der ihm zum Sprung ins versprochene Volontariat einer maßgeblichen Zeitung verhelfen soll. Genauso wie andere auf die perfekte Welle warten.
Da schneit ihm die als verrückt verschriene Annette Wagner vor die Füße. Sie behauptet, den heute gebräuchlichen Dosenöffner erfunden zu haben. Doch damit er die Wahrheit und damit ihre Geschichte erfährt, muss er sie nach Basel kutschieren. Das ist nur möglich mit dem umhegten, kostbaren Oldtimer seines Vaters. Heimlich, versteht sich.
Die Befürchtungen, die dem Leser sofort kommen, treffen schon mal nicht ein. Doch jede Menge Anderes, Überraschendes geschieht.
Die ersten 70 Seiten zogen sich für mich zäh dahin. Dann nahm die Handlung zusehends an Fahrt auf und riss mich mit. Der Erzählstil offenbart sich als ein leichtfüßiger, die Zeichnung der Situationen scheint mir sehr lebensnah. Ich habe mit Timur gelitten wie mit kaum einem anderen Protagonisten – und ich lese viel. Besonders bewundert habe ich seinen Vater, der stets die Ruhe bewahrt, geduldig ist und seinem Sohn viele Freiheiten lässt, was andere Eltern kaum aufbringen.
Doch Annette schlägt alles. Was diese Greisin aus der Tasche zaubert und darin versteckt, etwa einen Pass mit anderem Namen oder Timurs Handy, verblüffte mich immer wieder. Nicht so gefallen hat mir die Zeichnung der beiden Basler Polizisten. Hier werden zu viele Klischees bedient.
Durch den großen Druck kommt man trotz der anfänglichen Längen gut voran. Das Buch liegt auch gut in der Hand, die Finger ertasten gern den hochglanzunterlegten Teil des Covers, Der Roman wird künftig wohl zu meinen Lieblingsbüchern zählen. Ich werde ihn jedem empfehlen, der glaubt, schon zu jedem Thema etwas gelesen zu haben.