So spannend kann eine Literaturanalyse sein!

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„Und doch bedeuten Wörter, wie ihr wisst, mehr, als wir damit ausdrücken wollen, wenn wir sie verwenden: Ein ganzes Buch sollte also schon um einiges mehr bedeuten, als der Autor im Sinn hatte. (Charles Dodgson über „Die Jagd nach dem Schnatz“)

Peter Hunt, emeritierter Professor für Englische Literatur und Kinderliteratur, hat mit „Alice im Wunderland - Wie alles begann“ einen kleinen Buchschatz erschaffen. Die Alice-Geschichten sind selbst so vielschichtig, ihre Entstehungsgeschichte ein Mythos und das Leben von Charles Dodgson so faszinierend wie die Schaffung seines Alter Egos Lewis Carroll.

Es gibt so vieles zu bedenken und erleben, wenn man sich der Entstehungsgeschichte von Alice nähern möchte: Aus welcher Zeit heraus sind die Geschichten um Alice entstanden? Wie sah die Kinderliteratur um 1865 aus und wie unterscheiden sich die Alice-Bände davon? Was bedeuten sie für die Entwicklung der Kinderliteratur? Wer ist Lewis Carroll eigentlich und wie viel Charles Dodgson steckt in ihm? Und wie viel Alice Liddell steckt noch in der Figur Alice?

Peter Hunt geht all diesen Fragen nach. Und das ist gar kein so leichtes Vorhaben, wenn man davon ausgeht, dass „Alice im Wunderland“ und „Hinter den Spiegeln“ doch häufig als Nonsensliteratur eingestuft werden. Ein Begriff, der aber negativer klingt als er in der Gattungsbedeutung gemeint ist. Und Peter Hunt weist die Einstufung der Alice-Bücher als bedeutungslosen Nonsens auch von sich.

„Die Entstehungsgeschichte der Bücher zu enträtseln, ist ein besonders gefährliches Unterfangen: So undurchsichtig sind die Spiele, die der Autor treibt, dass jeder, der nach den Bausteinen der Bücher sucht, mit einem Gewebe aus Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten, Spekulationen und sehr oft auch Dingen zurückbleibt, die auf so geniale Weise psychedelisch sind, dass wir wünschten, sie wären wahr: Diese Bücher sind der Traum eines jeden Verschwörungstheoretikers!“ (11)

Peter Hunt „enträtselt“ Alice in seinem nur 128 Seiten langen und mit vielen Fotos und Bildern geschmückten Buch auf so unterhaltende und intelligente Art, dass es eine wahre Freude ist! So spannend kann Literaturanalyse sein!

Das Buch ist großformatig und die Seiten glänzend. Ich denke, man hätte es bibliophiler gestalten können. Es wirkt doch eher schlicht und solide. Dennoch überzeugt es mich durch den Inhalt und die Bildauswahl. Auch die Übersetzung von Gisella M. Vorderobermeier ist absolut gelungen.

Also lest dieses Buch, wenn ihr euch für Kinderliteratur interessiert oder Alice-Fans seid! Es ist absolut empfehlenswert.