Zwischenstation mit Fotos

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heike lohr Avatar

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Ganz ehrlich, ich liebe diese japanische Schreib- und Denkweise. Deshab gehört meine höchste Anerkennung vorweg den beiden kongenialen Übersetzerinnen: Yukiko Lugiühl und Sabine Mangold, die wirklich stimmig die japanische Mentalität ins Deutsche übersetzt und übertragen haben.
Sanaka Hüragi ist eine Autorin, deren Sichtweise ich nur bewundern kann. Sie versteht es alte japanische Mythen mit der modernen Lebensweise in Einklang zu bringen. In Kagwa geboren und nun in Tokio lebend hat sie sowohl städtische als auch ländliche Sichtweise in den unterschiedlichen Personen wahrgenommen und dargestellt.
Am Ende des Lebens, bevor wir in diese Unendlichkeit des unbekannten Todes eingehens teht statt Charon der Fotograf Hirasaka, der den gerade Verstorbenen hilft aus jedem Lebensjahr ein Foto auszuwählen, um damit eine Laterne zu machen, die in dem einen Raum noch einmal alle wichtigen Lebensstationen anzeigt. Danach verschwinden sie aus dem Raum und sind noch einmal an dem wichtigsten Ort ihres Lebens, um noch einmal jemanden zu helfen. Danach verschwinden sie.
Die Kindergärtnerin ist noch einmal bei ihrem Kindergarten, um einer jungen Kindergärtnerin zu helfen, ihren Weg zu finden. Es ist dieselbe, die am Ende des Buches mit ihrer Nahtoderfahrung bei dem Fotografen abgegeben wurde.
Dieser verhilft er zu ihrem schönsten Tag bzw. Traum, weil sie als junges Mädchen von knapp 9 Jahren schwer misshandelt wurde. Als er mit ihr Süßkartoffeln brät, verrät er ihr, wie man mit einer Kameralinse oder einem Plastiksack mit Wasser Licht bündelt, um Feuer zu machen. So hat er wissentlich oder unwissentlich in ihr Schicksal eingegriffen. Das ist dann auch der Grund, dass er seine Erinnerungen und Fotografien verloren hat.
Er bleibt ohne sein Leben als Erinnerungsfotograf in dieser Zwischenstation , einem Fotoatelier.
Das Mädchen, so erfahren wir durch den auktorialen Erzähler, hat seine Leidenschaft für das Fotografieren entdeckt. Sie fotografiert mit der Kamera, mit welcher sie zurück auf der Erde ihre Erinnerungen mit Hirosaka fotografiert hat, unter anderem auch den Erinnerungsfotografen persönlich. Sie begegnet später in den Bergen einem Jungen, der ihm charakterlich gleicht und somit schließt sich der Kreis.
Die Figurenzeichnung und der Verlauf der Geschichte sind so lebensecht erzählt, dass man an diesen neuen Charon glaubt, der menschlich und gütig ist.
Fotos und Erinnerungen werden zu einem kostbaren Gut, die an den Wendepunkten des Lebens eine ganz besondere Bedeutung erlangen. Der Tod wird nicht zu einem sinnlosen Vergessen, sondern zu einem wichtigen Übergang, einer Transitionsstufe.
Die rote Sonne Nippons, die schwarzen Schattenrisse runden das Hardcover Buch stilvoll ab. Es ist auch ein grafischer Genuss, dieses Buch zu lesen, wo alles bis auf den letzten Punkt stimmt. Besinnlich, tröstlich und ermutigend möchte ich diesen Leseeindruck beschreiben, weil mir jedes andere Wort dafür fehlt. Absolut lesenswert.